Am Stuttgarter Flughafen wurden große Mengen Gold im Gepäck gefunden – eine von vielen Erfolgsmeldungen des Stuttgarter Hauptzollamts. Die Behörde, zuständig für Steuern und für Schmuggler, hat nun eine neue Chefin.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Nein, als Spaßverderber für Urlauber will Constanze Voß nicht dastehen. Zwar ist der Zoll am Stuttgarter Flughafen für den Bürger besonders jetzt in den Sommerferien deutlich sichtbar. Weil es wieder mal um verbotene Souvenirs, Plagiate oder Schmuggelware geht. Aber für die Behörde selbst, das weiß die neue Chefin des Hauptzollamts Stuttgart, spielt die Kontrolle des Reiseverkehrs nicht die größte Rolle. Da hat der internationale Warenverkehr ein ganz anderes Gewicht: Da hat die Stuttgarter Behörde allein voriges Jahr 3,7 Milliarden Steuern für den Staat eingenommen.

 

Und doch wird die 42-Jährige bei der Vorstellung der nächsten Zoll-Jahresbilanz um den Schmuggel am Flughafen nicht herumkommen: Acht Kilogramm Gold haben ihre Zöllner am Airport vor wenigen Tagen im Gepäck entdeckt – ein fürwahr rekordträchtige Menge. Über die Umstände muss der Zoll noch Stillschweigen bewahren – die polizeilichen Ermittlungen laufen noch.

Goldschmuck in der Babywindel

Das Problem wird freilich immer augenfälliger. Denn der Schmuggel von Gold spielt bei den Flugverbindungen mit der Türkei eine zunehmende Rolle. Vermögenswerte für Hochzeiten oder andere Familienangelegenheiten in der Heimatwerden schnell mal im Flieger mitgenommen – und gerne auch in einer Babywindel versteckt. Ein Passagier hatte einen goldenen Schmuckgürtel für 12 000 Euro im Gepäck – eine klare Überschreitung der Reisefreigrenze von 430 Euro.

Die Arbeit des Zoll ist Gold wert. Sozusagen: Im vergangenen Jahr fanden die Zöllner 24,3 Kilogramm Goldschmuck im Wert von 812 000 Euro – eine deutliche Steigerung zum Vorjahr. Da waren es 20,4 Kilo im Wert von 645 000 Euro.

Dabei bietet der Reiseverkehr für den Zoll noch weitere dunkle Geschäfte: Zigaretten. Die Mengen wuchs von 720 000 auf 775 000 im vergangenen Jahr – und auch dieses Jahr gibt es an der Front keine Ruhe. Das zeigt der Fall zu Jahresbeginn, als gleich sechs Schmuggler am Stuttgarter Flughafen ins Netz gingen. In 13 Koffern und Gepäckstücken sollten stolze 250 400 unversteuerte Zigaretten ins Land geschmuggelt werden. Allein der Steuerschaden hätte mehr als 55 000 Euro betragen.

Beim Zoll geht es um Milliarden

Jetzt ist wieder Sommerferien-Reiseverkehr. Für den Zoll stehen Großkampftage bevor. Immerhin scheinen die Verstöße gegen den Artenschutz mit lebenden und toten exotischen Tieren bei den Urlaubern abzunehmen. „Aber so etwas wie eine Waran-Handtasche“, sagt die 42-Jährige, „das geht einfach gar nicht.“

Doch das Hauptzollamt nur auf Schmuggler zu reduzieren, würde dem Aufgabengebiet und den Herausforderungen der neuen Leiterin der 600-Mitarbeiter-Behörde nicht gerecht. Schwarzarbeit, Mindestlohn, Verbrauchssteuern, Wareneinfuhren im Wert von 16 Milliarden Euro: „Wir sind ja nicht nur für Sicherheit und Kontrollen zuständig“, sagt Constanze Voß, „wir sind vor allem auch Partner der Wirtschaft.“ Und bei 1,6 Millionen Warenanmeldungen bei der Einfuhr und 3,9 Millionen für den Export müsse man schon auch schauen, wie man eine personell unterbesetzte Behörde zielgerichtet einsetze.

Die Juristin kennt sich aus mit der Zoll-Organisation, seit sie 2004 in Freiburg in die Verwaltung einstieg. Über Abgabenerhebungen und Verbrauchssteuern ging es für Constanze Voß steil bergauf – bald wurde sie als sogenannte Grenzreferentin für die Rechts- und Fachaufsicht an der Grenze zu den Drittländern zuständig. Sprich: für die Schweiz und auch den Stuttgarter Flughafen. Umstrukturierungen ließen die zweifache Mutter nach Karlsruhe wechseln als Stabsstellenleiterin bei der damaligen Bundesfinanzdirektion Neustadt an der Weinstraße. Bis diese Behörde aufgelöst wurde. Ersetzt von einer Generalzolldirektion.

Findet eine Amtschefin leichter eine Wohnung?

Jetzt wurde die Regierungsdirektorin die Nachfolgerin von Angelika Kaag, die im Herbst vergangenen Jahres mit 64 Jahren in Ruhestand ging. Freilich gilt auch für eine Leiterin einer so großen Bundesbehörde das Gesetz des Wohnungsmarkts: „Da ist nichts zu finden“, sagt sie. Nun wurde sie 31 Kilometer entfernt im Landkreis Böblingen fündig. Das lange Pendeln von Karlsruhe her ist damit überflüssig geworden.

Stuttgart ist Constanze Voß übrigens nie fremd gewesen. Schließlich ist sie in Gechingen im Landkreis Calw aufgewachsen und hatte zuletzt den Stuttgarter Zöllnern die Nachwuchsbeamten zugeteilt.

„Der Zoll gehört nach einer aktuellen Studie inzwischen zu den Top Ten der beliebtesten Arbeitgeber“, sagt sie mit einem gewissen Stolz. Ist ja aber auch kein Wunder: In welchem Beruf sonst kann man so viel verstecktes Gold entdecken?