Die Deutsche Bahn hat den Nacht- und Autozugverkehr komplett aufgegeben. Doch interne Papiere zeigen: Viele Reisende schätzen diese Alternative zum Billigflieger.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der Nachtzugverkehr ist kein so schlechtes und aussichtsloses Geschäft, wie die Deutsche Bahn AG über Jahre hinweg behauptet hat. Das zeigen vertrauliche Geschäftszahlen der DB Fernverkehr AG, die unserer Zeitung vorliegen. Nachfrage und Ergebnisse im Nachtzugverkehr haben sich demnach in diesem Jahr deutlich verbessert. Der operative Verlust vor Zinsen und Steuern (EBIT) ist der internen Einschätzung zufolge um ein ganzes Drittel auf 20 Millionen Euro gesunken.

 

Das vertrauliche „Nachtzugmonitoring“ des Staatskonzerns vom 2. Dezember ist bemerkenswert, weil es dokumentiert, dass viele Reisende die nächtlichen Angebote schätzen und verstärkt buchen. Dennoch hat DB-Chef Rüdiger Grube im Rahmen seines Sanierungskonzepts „Zukunft Bahn“ die komplette Aufgabe aller Nachtliegewagen und Autozüge trotz heftiger Kritik bei der Politik durchgesetzt.

Die ÖBB haben einen Teil des DB-Angebots übernommen

Wer sich gerne als Reisender nachts im Schlaf ans Ziel bringen lässt, kann das aber auch weiterhin auf einigen Verbindungen tun. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben zum Fahrplanwechsel am 11.  Dezember einen Teil des DB-Angebots übernommen und bauen den Nacht- und Autozugverkehr massiv aus. Die DB dagegen investiert Milliarden Euro in internationale Bus-, Lkw- und Logistik-Geschäfte und lässt nun nur noch einige normale Fernzüge ohne Liege- und Schlafwagen auch nachts fahren.

Das 16-seitige DB-Papier zeigt, welches Potenzial im Nachtzugverkehr besteht. Es seien Ertragsverbesserungen „in allen Teilnetzen zu verzeichnen“, schreiben die Experten der DB Fernverkehr AG. Allein bis September verbesserte sich das EBIT um 5,9 Millionen Euro, so dass bei 69 Millionen Euro Umsatz und 82,5 Millionen Kosten noch ein Verlust von 13,5 Millionen Euro unterm Strich stand.

Besonders auf den Linien Köln-Warschau/Prag (Netz C) sowie Hamburg/Amsterdam - Zürich/München (Netz A) sanken die Verluste deutlich. Der Konzern begründet das mit steigenden Erlösen, höherer Nachfrage und geringeren Vertriebskosten. Die beiden letzten Autozüge von Hamburg nach Lörrach und München dagegen fuhren bis September mit 2,9 Millionen Euro ein um 0,6 Millionen Euro höheres Minus ein. Wegen Zugumbildung gab es aber nur noch einen Schlafwagen pro Zug.

Allein im September stieg die Nachfrage

Allein im September stieg die Nachfrage bei den DB-Nachzügen dem internen Papier zufolge um fast 18 Prozent. Als ein Grund wird angeführt, dass Reisende ohne Aufpreis und Reservierungspflicht in freien Sitzwagen mitfahren und an allen Halten zusteigen konnten. Das war zuvor nicht möglich. Noch besser wäre das Ergebnis ausgefallen, wenn nicht Vertriebsprobleme bei Spartickets auf der Verbindung von München nach Italien zu dort sinkender Nachfrage geführt hätten.

Für den Bahnexperten der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, zeigt die interne Analyse des Staatskonzerns, „dass sich Nachtzüge besser betreiben lassen als es die Deutsche Bahn zuletzt gemacht hat“. Die DB habe jedoch kein Interesse an diesem Marktsegment. Die Angebote seien „ohne Ehrgeiz organisiert“ worden. „Jetzt haben wir einmal mehr den Beleg dafür, dass es kein Nachfrageproblem gibt – ganz im Gegenteil“, so Gastel. „Dieses Stück der Reisekultur im DB-Konzern hätte nicht sterben müssen.“

Der Abgeordnete fährt selbst zwischen Stuttgart und Berlin seit Jahren Nachtzug und hat sich mit Verve für den Erhalt der Verbindungen eingesetzt. Gastel sieht gute Perspektiven für den Nachtverkehr. Die Wirtschaftlichkeit werde sich deutlich verbessern, weil das neue Trassenpreis-System dem Nachtverkehr erhebliche Kostenvorteile verschaffe. Teilweise halbiere sich der Preis sogar, denen Bahnen für jede Nutzung von Gleisen und Bahnhöfen zahlen müssen. Das werde den Nachtzugverkehr mit Schlaf- und Liegewagen stärken.