Die Deutsche Bahn will ihre britische Konzerntochter Arriva verkaufen. Der Staatskonzern gibt damit den Traum vom Global Player auf. Das muss niemand bedauern, meint Thomas Wüpper.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Es ist eine Zäsur. Nächste Woche will der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG über den Verkauf der Auslandsplattform Arriva entscheiden. Noch gibt es einige Kritiker auch in der Regierungskoalition, doch wenn es gut läuft, könnte bis Herbst ein Investor gefunden und bis Jahresende die Trennung von den Briten vollzogen sein.

 

Mit dem Verkauf würde sich die DB von ihrem Bahn- und Busgeschäft im Ausland komplett verabschieden und könnte mit den Milliardeneinnahmen das Kerngeschäft in Deutschland stärken. Schon deshalb ist dieser Kurswechsel richtig und längst überfällig. Denn in der Bilanz des größten Staatskonzerns türmen sich bereits mehr als 20 Milliarden Euro Schulden, auch in der Finanzplanung bis 2023 klafft eine riesige Lücke.

Kapitalspritzen und Dividendenverzicht von 2,4 Milliarden Euro seit 2016

Vor allem aber ist der Investitionsbedarf für leistungsfähigeren Schienenverkehr in Deutschland atemberaubend hoch. Mehr als 100 Milliarden Euro kommen allein für die lange vernachlässigte und veraltete Infrastruktur bis 2030 locker zusammen – finanziert vor allem vom Steuerzahler. Doch wie viel tatsächlich fließt, bleibt offen.

Denn Verkehrsminister Andreas Scheuer hat den Wow-Effekt beim Bahnfahren zwar lautstark versprochen, die Bundesregierung will aber dafür viel weniger Geld bereitstellen als erhofft und nötig. Umso weniger ist einzusehen, dass die DB AG dringend benötigtes Kapital weiter jenseits der Grenzen arbeiten lässt. Zumal der Staat seinem größten Konzern allein seit 2016 bereits mit Kapitalspritzen und Dividendenverzicht von 2,4 Milliarden Euro helfen musste.

Der eingeleitete Verkauf von Arriva ist ein Anfang

Klar ist: So kann das nicht weitergehen, sonst wird die Bahn endgültig zum Fass ohne Boden. Natürlich ist jeder Euro für besseren Schienenverkehr schon aus Gründen des Klimaschutzes hervorragend eingesetzt. Doch dafür braucht es einen Masterplan und effiziente Strukturen. Für eine wirkliche Verkehrswende sind mutige Reformen nötig, zu denen dieser Regierung offenbar Wille und Kraft fehlen.

Immerhin: Der eingeleitete Verkauf von Arriva ist ein Anfang. Zwingend muss rasch eine neue Konzernstrategie folgen. Hier gibt auch der Koalitionsvertrag von Union und SPD die Richtung vor. Nicht mehr Maximierung des Konzerngewinns, sondern sinnvolle Maximierung des Verkehrs auf der Schiene soll im Vordergrund stehen.

Auf die Umsetzung dieser richtigen Vorgabe warten nicht nur Pendler und Reisende gespannt, die Tag für Tag an unzuverlässigen und dürftigen Leistungen der Bahn verzweifeln.