Beim EHC München gibt es 22 positive Coronatests. Noch bleibt die DEL gelassen und vertraut auf das bewährte Hygienekonzept. Doch das könnte sich ändern.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart - Bei den Steelers aus Bietigheim herrscht keine Aufregung. Und das, obwohl beim EHC München 22 positive Coronatests vorliegen. 16 Profis und sechs Personen aus dem Trainerstab des Clubs aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) wurden seit Samstag positiv getestet – die Partie, die am Freitag in der Egetrans-Arena stattfinden sollte, wurde abgesagt und wird am Dienstag in München nachgeholt. Eine Terminfrage, mehr nicht für die Steelers. „Das ist in der Pandemie Teil des Geschäfts“, sagt Geschäftsführer Volker Schoch gelassen, „deshalb kommt bei uns keine Panik auf.“ Im Ellental läuft der Betrieb weiter wie bisher.

 

Auch bei der DEL ist niemand verunsichert, weil sich im Eishockey ein Corona-Hotspot gebildet hat. In der Liga hatten sie das Szenario durchaus auf dem Radar. „Wir stehen in Kontakt mit den anderen Profi-Ligen, ein Hygieneexperte berät uns“, sagt Jörg von Ameln, zuständig für den Spielbetrieb in der DEL, „uns war klar, dass so etwas passieren könnte. Jedoch überrascht uns die hohe Zahl der positiven Fälle schon.“

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Die DEL hält seit der Lizenzierung fest, welcher Spieler mit welchem Vakzin geimpft ist, weil sie anhand dieser Daten die Testprotokolle erhebt. Geimpfte Profis werden nur bei Symptomen getestet, ungeimpfte mehrfach pro Woche. Von Ameln spricht von einer ligaweiten Impfquote von 90 bis 95 Prozent in den 15 Clubs. Der EHC München hatte nach dem Bekanntwerden der Fälle mitgeteilt, dass „97,5 Prozent aller Spieler, Trainer und Betreuer aktuell vollständig oder zumindest einfach geimpft“ seien. Die Münchner waren offenbar sogar hoch penibel mit ihren Anti-Corona-Maßnahmen – zu Auswärtsspielen brachten sie sogar eigene Hygienebeauftragte für die Kabine mit. „Rechtlich und moralisch ist dem Club aus meiner Sicht kein Vorwurf zu machen“, erklärt von Ameln, „sie haben alles Nötige und Mögliche getan.“

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Steuert die DEL mit solchen Zahlen auf einen Lockdown zu? Nicht zwingend. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gab es bisher rund 81  000 Impfdurchbrüche in Deutschland. Der aktuelle Anstieg lässt sich auch mit Statistik erklären. „Dass mehr Durchbrüche verzeichnet werden, ist erwartbar, da immer mehr Menschen geimpft sind und sich das Virus wieder vermehrt ausbreitet“, teilt das RKI mit, „dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen.“ Relativ am häufigsten traten Durchbrüche laut RKI mit dem Präparat von Johnson & Johnson auf. Das Vakzin war bei Sportlern beliebt, weil nur eine Impfung benötigt wird, aber offenbar bietet es einen geringeren Schutz als die Präparate von Biontech und Moderna.

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„Keine Impfung bringt 100-prozentigen Schutz“, betont der Stuttgarter Internist Suso Lederle, „der Wert liegt bei etwa 90 Prozent.“ Heißt: Zehn von 100 vollständig Geimpften stecken sich an. Bundesweit liegt die Durchbruchquote bei etwa 0,15 Prozent, warum sind es beim DEL-Club nun 22 Infizierte in einem Team plus Trainerstab von etwa 40 Personen? Die häufige Nähe der Profis in der Kabine könne eine Erklärung sein, meint Lederle. Ein mögliches Szenario: Ein geimpfter Spieler schleppt das Virus ein und gibt es weiter, ohne es zu ahnen. Als ein ungeimpfter Profi positiv getestet wird, müssen auch die Geimpften zum Test – erst dann wird die Infektion erkannt, die bereits auf mehrere Spieler übergegriffen hat.

Bei der DEL bleiben sie vorerst gelassen. Noch habe der Spielplan Luft, um abgesagte Partien nachzuholen, man vertraue auf das Hygienesystem. Aber der für den Spielbetrieb zuständige Jörg von Ameln räumt ein: „Wenn das bei vier oder fünf Teams vorkommt, bekommen wir ein Problem.“ Womöglich nicht nur eines mit Terminen.