Vor dem Spiel gegen Argentinien kommt die Weltmeistermannschaft von Joachim Löw noch einmal zusammen – und verabschiedet die Kollegen Lahm, Klose und Mertesacker.

Düsseldorf - Am Nachmittag kommt der Verkehr rund ums Düsseldorfer Fußballstadion erwartungsgemäß fast vollständig zum Erliegen. Lange Autokolonnen haben sich gebildet, die Insassen tragen Deutschlandtrikots, und an den Fenstern hängen schwarz-rot-goldene Fahnen. Da ist es also noch einmal, das berauschende WM-Gefühl, als wenig später die deutsche Nationalmannschaft vor 45 000 Zuschauern trainiert – und sich vor allem gebührend feiern lässt.

 

Bevor am Sonntag mit dem ersten EM-Qualifikationsspiel in Dortmund gegen Schottland wieder der Alltag beginnt, stehen die Tage in Düsseldorf noch einmal ganz im Zeichen des Weltmeistertitels. In fast schon genialer Vorahnung hat der DFB bereits vor Monaten Argentinien für das erste Länderspiel der neuen Saison am Mittwoch (20.45 Uhr) verpflichtet, den Finalgegner von Rio de Janeiro also. Und alle 23 Weltmeister werden anwesend sein, wenn dieses epochale Kapitel der deutschen Fußballgeschichte endgültig abgeschlossen wird. „Es ist ein Traum, dass wir uns alle wiedersehen“, sagt der Nationaltorhüter Manuel Neuer.

Eine Botschaft an die ganze Welt

Mit ähnlichem Pathos erinnert der Teammanager Oliver Bierhoff noch einmal an die fünf WM-Wochen in Brasilien, „in denen wir eine Botschaft an die ganze Welt geschickt haben“. Wie man als Team auftrete, was alles möglich sei, wenn man zusammenhalte, wie man neben sportlicher Höchstleistung auch Werte verkörpern könne – all das hätten die deutschen Spieler gezeigt, die „nicht nur gute Fußballer, sondern echte und gute Kerle“ seien. Von einer „unglaublichen Energie im Campo Bahia“ spricht Bierhoff, „da ist eine Bindung entstanden, die über den Titel hinausging“.

Freudig haben sich die Nationalspieler am Montagmittag im Teamhotel in Düsseldorf begrüßt. Noch freudiger sollen am Mittwoch jene empfangen werden, die zum letzten Mal im Kreise der Nationalmannschaft dabei sind. Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker haben nach dem WM-Triumph ihren Rücktritt erklärt und sollen am Rande des Argentinienspiels  in der ausverkauften Düsseldorfer Arena mit großem Bahnhof verabschiedet werden.

„Ich habe während der WM fast schon gespürt, dass diese Schritte kommen würden“, sagt Oliver Bierhoff und nimmt die Entscheidung, am Höhepunkt der Karriere abzutreten und den Weg für jüngere Spieler frei zu machen, als Beleg für „die große Charakterstärke dieser Spieler“. Vor der Partie werden Lahm, Klose und Mertesacker gemeinsam mit dem ebenfalls ausgeschiedenen Assistenztrainer Hansi Flick am Mittwoch auf dem Platz geehrt; hinterher wird dann ein letztes Mal im Mannschaftskreis so richtig gefeiert.

Wer wird Nachfolger von Hansi Flick?

Von nachrangiger Bedeutung bleiben zumindest bis dahin die Fragen, die sich aus  den Rücktritten ergeben. Einerseits ist noch offen, wer Flick als Assistenztrainer ersetzen wird. Joachim Löw hat sich dazu noch nicht geäußert. Marcus Sorg, der mit den U-19-Junioren Europameister geworden ist, soll es nicht sein, es heißt, der Bundestrainer habe ihm abgesagt. Als Kandidat gilt jetzt Thomas Schneider, der Anfang März beim VfB Stuttgart entlassen wurde und seither auf einen neuen Job wartet. Auch der Name Mehmet Scholl fällt immer wieder. Fest steht bislang nur, dass in dieser Woche kein neuer Vertrauensmann des Bundestrainers dazustoßen wird.

Wohl schon früher wird die Frage beantwortet, wer als neuer Kapitän Nachfolger von Philipp Lahm wird. Bastian Schweinsteiger gilt spätestens seit seiner heldenhaften Leistung im WM-Finale als erster Anwärter. Oliver Bierhoff hält die Position des Spielführers freilich für „prinzipiell überbewertet“. Wichtiger sei, dass die Mannschaft als Ganzes den Verlust der drei Führungspersönlichkeiten Lahm, Klose und Mertesacker kompensiere.

Der Torhüter Manuel Neuer macht sich diesbezüglich keine Sorgen. „Schweinsteiger, Khedira und meine Wenigkeit“ seien Spieler, die diese Rollen ausfüllen könnten, auch seinen Münchner Vereinskollegen Thomas Müller zählt er (im Gegensatz zum Dortmunder Mats Hummels) explizit dazu. Größere Sorgen bereitet Manuel Neuer dagegen der Umstand, dass nach den letzten Feierlichkeiten von Düsseldorf der graue Alltag einer EM-Qualifikation beginnt: „Das ist schwierig nach all den Erlebnissen, die wir hinter uns haben.“