Schon zu Beginn des Trainingslagers der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wird deutlich: Bundestrainer Joachim Löw gibt mit eindeutigen Botschaften an die Spieler die Richtung vor.

Sport: Marco Seliger (sem)

Eppan - Fast beschwingt nimmt Joachim Löw die drei Stufen hinab vom Podium nach seiner ersten Pressekonferenz im WM-Trainingslager in Südtirol, und als er die versammelte Fotografenschar ein paar Schritte später am Ausgang sieht, liefert er ihnen flugs auch noch ein Motiv. Löw geht nicht nur einfach hinaus aus dem großen Zelt. Er bleibt kurz stehen, lacht und reißt die Arme nach oben. Löws Siegerpose passt perfekt ins Bild. Locker gibt sich der Bundestrainer, ist zu Späßen aufgelegt – aber auch fokussiert und fordernd. Genauso hatte er vorher auch über die dringlichen Punkte bei der Vorbereitung auf die Mission Titelverteidigung bei der WM in Russland gesprochen. Joachim Löw über . . .

 

. . . seine Trainingssteuerung „Die ersten zwei bis drei Tage hier in Eppan stehen im Zeichen der Individualität. Es ist unsere Aufgabe, alle Spieler auf ein Niveau zu bringen. Es gab in den vergangenen Wochen unterschiedliche Belastungen für die Spieler, weshalb wir jetzt alle auf ein Level bringen wollen und deshalb teilweise in unterschiedlichen Gruppen arbeiten. Von Samstag oder Sonntag an stehen dann gemeinsame mannschaftstaktische Einheiten im Vordergrund.“

. . . die vier möglichen Streichkandidaten aus dem endgültigen WM Kader „Ich habe keinem Spieler gesagt, dass er nur auf Bewährung bei uns ist. Hier haben alle die gleichen Chancen. Jeder hat eine unglaubliche Motivation, und das Trainingslager dient dazu, die notwendige Kraft und Power zu erlangen.“

. . . die Hauptaufgabe in Südtirol „Wir haben, was unsere Spielphilosophie betrifft, eine sehr gute Basis. Aber im Fußball entwickelt sich alles rasend schnell weiter. Wir müssen im Detail arbeiten. Wir hatten im vergangenen halben Jahr nur zwei Länderspiele, viele Jungs waren gar nicht dabei. Auch deshalb kann man nicht alles auf dem Platz abrufen, wenn man vorher nur in der Theorie darüber spricht – wir müssen die Abläufe auf dem Trainingsplatz ständig wiederholen, dass wir schnell wieder zu einem Automatismus gelangen.“

. . . die Anforderungen an seine drei zentralen Angreifer „Es geht im heutigen Fußball immer darum, wie ich Räume schaffen kann und wo auf dem Platz ich diese Räume gerne habe, danach sind unser Angriffsspiel und das Positionsspiel ausgerichtet. Wir haben mit Timo Werner, Mario Gomez und Nils Petersen drei unterschiedliche Typen dafür. Nils Petersen erlebe ich zum ersten Mal bei uns im Kader. Er hat eine sehr gute Bundesliga-Saison gespielt. Ich will sehen, wie er sich auf diesem Niveau anpasst. Ich traue ihm viel zu, er hat die Qualität dafür. Alle drei Stürmer bringen die Qualität mit, im Sechzehner aus wenigen Chancen viele Tore zu machen.“

. . . die deutschen Gruppengegner bei der Weltmeisterschaft „ Wir müssen auch defensive Gegner mit dichten, massiven Abwehrreihen wie die der Schweden oder der Südkoreaner bespielen können, auch die Mexikaner erwarte ich wahrscheinlich eher defensiv. Wir müssen aber auch gegen einen gegenläufigen Trend gewappnet sein: Viele Mannschaften gehen heutzutage einfach mal früh vorne drauf und versuchen dich zuzustellen.“

. . . den möglichen Frust der Bayern-Profis „Das sind alles so erfahrene Spieler, Thomas Müller zum Beispiel, Mats Hummels oder auch Joshua Kimmich, die können Niederlagen wie die im DFB-Pokalfinale in Berlin gegen Eintracht Frankfurt verarbeiten. Ich glaube ja, dass das Aus in der Champions League gegen Real Madrid die größere Enttäuschung für die Bayern war, als sie in meinen Augen zweimal die bessere Mannschaft waren. Da ist ein Spannungsabfall danach in der Bundesliga und eine Niederlage (1:4 gegen den VfB Stuttgart, d. Red.) auch mal normal, wenn man schon als deutscher Meister feststeht. So eine Niederlage in einem Pokalfinale kann immer mal passieren. Bei uns gibt es jetzt neue Ziele – und der Fokus liegt auf dem, was hier passiert.“

. . . die Verfassung von Innenverteidiger Jérôme Boateng, der an einer Muskelverletzung im Oberschenkel laboriert „Er wird nicht wie die meisten anderen Bayern-Profis an diesem Freitag ins Trainingslager anreisen. Er hat am Freitag eine Abschlussuntersuchung in München, danach entscheiden wir, wann er zu uns kommt. Geplant ist der Samstag oder Sonntag. Jérôme hat in den vergangenen Tagen bereits ein intensives Lauftraining absolviert und ist an seine Grenzen gegangen. Es läuft alles nach Plan, im Idealfall wird er im Laufe der nächsten Woche schon wieder Teile des Mannschaftstrainings absolvieren.“

. . . Mesut Özil und Ilkay Gündogan „Beide Spieler kamen auf uns zu und wollten ein klärendes Gespräch im Rahmen des DFB-Pokalfinals am vergangenen Samstag in Berlin führen. llkay und Mesut war es wichtig zu betonen, dass sie mit den Fotos mit dem türkischen Präsidenten keinerlei politische Botschaft äußern wollten. Die Idee, gemeinsam zum Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu gehen, kam von Ilkay. Nach den Gesprächen am vergangenen Wochenende ist die Sache für mich erledigt. Jetzt zählen nur noch sportliche Dinge, die die Weltmeisterschaft betreffen.“

. . . die Kritik des nicht nominierten Stürmers Sandro Wagner „Das Thema ist abgehakt. Ich wüsste auch keinen Grund, warum ich darüber mit den Jungs sprechen sollte. Die Spieler können immer zu mir kommen und mir ihre Meinung sagen, wenn ihnen etwas nicht passt, darüber muss ich mit ihnen gar nicht reden.“

. . . seine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2022 „Die übernächste WM in Katar ist für mich eine große Motivation. Es steht vielleicht ein Umbruch in unserer Mannschaft an, es rücken viele junge Spieler nach, mit Joshua Kimmich, der vorneweg geht. Diese Herausforderung konnte ich mir sehr gut vorstellen, deshalb habe ich meinen Vertrag verlängert.“