Ende Oktober soll der nächste deutsche Astronaut mit einer Space-X-Kapsel zur Internationalen Raumstation fliegen. Auch ein besonderer Weltraumspaziergang steht auf dem Programm.

Digital Desk: Simon Koenigsdorff (sko)

Köln - Matthias Maurer strahlt Vorfreude aus, als er am Donnerstagmorgen seine letzte Pressekonferenz in Europa vor dem Start zur Internationalen Raumstation (ISS) gibt. „Nun geht es endlich los in Richtung Weltraummission“, sagt der Astronaut im Trainingszentrum der europäischen Raumfahrtagentur (Esa) in Köln. Nächste Woche bricht er in die USA auf, frühestens am 31. Oktober wird ihn eine Rakete vom Kennedy Space Center in Florida dann ins All tragen.

 

Astronaut wird selbst zum lebenden Experiment

Der Starttermin kann sich zwar noch um einige Tage verschieben, sicher ist jedoch: Maurer wird als erster Europäer mit einer Crew-Dragon-Kapsel des privaten Raumfahrtunternehmens Space X zur ISS fliegen, zusammen mit einer Astronautin und zwei Astronauten aus den USA. An Bord trifft der 51-Jährige seinen französischen Kollegen Thomas Pesquet (43).

Zu Maurers Aufgaben 400 Kilometer über der Erde gehören wissenschaftliche Experimente, darunter auch 36 von deutschen Forscherinnen und Forschern konzipierte. Maurer ist promovierter Materialwissenschaftler und soll in der Schwerelosigkeit unter anderem zu umweltfreundlicherer Zementherstellung und zu keimfreien Oberflächenbeschichtungen forschen.

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In einem Fall wird der Saarländer sogar selbst zum Experiment: Maurer soll einen Fitnessanzug mit eingebauten Elektroden testen, der mit leichten elektrischen Impulsen den Muskelaufbau unterstützt. Astronauten müssen im Fitnessraum der ISS regelmäßig trainieren, weil in der Schwerelosigkeit schnell Muskelschwund einsetzt. „Wenn wir irgendwann zum Mond oder Mars fliegen, müssen wir neue Methoden entwickeln, um Astronauten fit zu halten“, erklärt Maurer.

Ins All treibe ihn vor allem Neugier und Faszination, sagt er: „Wir Menschen wollen mehr über das Universum herausfinden, woher wir kommen, ob es da draußen Leben gibt. Wirtschaftlicher Nutzen ist für mich nur ein wichtiger Nebeneffekt.“

Erster Einsatz mit russischem Raumanzug

Für seine Mission hat Maurer lange trainiert, seit er 2015 ins Esa-Astronautenkorps kam. Dazu gehörten Überlebenstrainings im hohen Norden und im chinesischen Meer, das Leben und Arbeiten in Isolation übte er in Höhlen und in einer Unterwasserstation. Die letzten Vorbereitungen wurden dabei durch Corona erschwert. „Ich habe mit Maske trainiert, teilweise gab es auch virtuellen Unterricht“, sagt Maurer, der nun als vierter Deutscher die ISS betritt.

Der härteste Teil der Ausbildung sei das Unterwassertraining im Raumanzug gewesen, körperlich wie geistig. Dabei übte Maurer einen besonderen Weltraumspaziergang: Als erster Europäer soll er bei einem Einsatz außerhalb der Station einen russischen Raumanzug nutzen, bisher stiegen Esa-Astronauten dafür in das US-Modell.

Für die gemeinsame Aufgabe mit einem russischen Kollegen und dessen Bodenpersonal hat Maurer Russisch gelernt, auch wenn er darin „nicht ganz so fit“ sei wie im Englischen. Notfalls gebe es aber eine Dolmetscherin im Kontrollzentrum. Frei schwebend, mit nur zwei Kabeln als rettende Verbindung zur Station, müsse er stets konzentriert bleiben: „Ich möchte ja nicht wegdriften und zu Weltraumschrott werden.“

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Ob Maurer sich an Bord der ISS auch sicher fühlt? Am frühen Donnerstagmorgen hatte Rauch einen Alarm im russischen Teil der Station ausgelöst, die Luft musste gefiltert werden. Maurer betont: „Wir sind ausgebildet für Extremsituationen, zum Beispiel Feuer, Druckverlust oder giftige Atmosphäre.“ Die Astronauten wüssten, wie sie Lecks schließen oder einzelne Module der Station abschotten könnten. „Ganz vorne steht das Leben der Astronauten“, sagt Maurer. „Sie müssen geschützt werden, erst dann kommt die Raumstation.“