Beim 6:1 gegen Nordirland schnürt der überragende Mann vom FC Bayern einen Dreierpack. Damit beweist der frühere Jugendspieler des VfB Stuttgart einmal mehr, warum ihn Bundestrainer Joachim Löw für unverzichtbar hält.

Sport: Marco Seliger (sem)

Frankfurt/Main - Joachim Löw hatte schon vor ein paar Wochen gesagt, Serge Gnabry spiele bei ihm immer – und er hielt auch in der Partie gegen Nordirland Wort. Der Münchner Wirbelwind spielte, na klar, wieder von Anfang an. An eine Schonung dachte der Bundestrainer trotz vorzeitig geglückter EM-Qualifikation bei ihm nicht. Das Sturmjuwel zeigte am Dienstag eindrucksvoll, warum er diese Stammplatzgarantie verdient hat – und wie gut sie ihm tut.

 

„Schön, dass der Bundestrainer das gesagt hat, doch ich muss mich immer beweisen“, meinte Gnabry, in einen dicken Mantel gehüllt, nach dem Spiel. Ob er titelhungrig sei? „Wir haben eine junge Mannschaft, aber wir gehen selbstbewusst in die EM“, antwortete er mit einem Lächeln.

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Es war eine beeindruckende Gnabry-Show zum Abschluss des Länderspieljahres. Der Mann vom FC Bayern München erzielte beim 6:1-Sieg drei sehenswerte Treffer:

Das 1:0 (19.) auf Vorlage von Jonas Hector. Dabei beweist Gnabry seine exzellenten Abschlussqualitäten: Der Wirbelwind donnert den Ball aus der Drehung knallhart in den Winkel – sein elftes Länderspieltor.

Das 3:1 (47.) nach Vorarbeit von Rechtsverteidiger Lukas Klostermann. Wieder hat Gnabry wenig Zeit, den Ball anzunehmen. Er zieht sofort ab und und schießt den Ball wuchtig und platziert flach ins linke Eck.

Das 4:1 (60.) bereitet Julian Brandt vor. Gnabry setzt sich clever durch und schießt dann aus spitzem Winkel an Torwart Bailey Peacock-Farrell vorbei ins rechte Toreck.

Gnabrys eindrucksvolle Torquote

Mit seinem Dreierpack und der eindrucksvollen Torquote (13 Tore in 13 Länderspielen) belegte der gebürtige Stuttgarter, der in der Jugend für den VfB und die Kickers am Ball war, dass er zum großen Hoffnungsträger für die EM 2020 (12. Juni bis 12. Juli) taugt. Zumal bei Leroy Sané nach seinem Kreuzbandriss noch völlig offen ist,wann er zurückkommt.

Gnabrys großer Vorteil: Er ist in der Offensive flexibel einsetzbar. Im Zentrum ganz vorne drin, dahinter in zweiter Reihe – oder auch auf beiden Flügeln. Wo genau, ist bei ihm eigentlich egal. Er spielt immer und trifft immer.

Durch Gnabrys Gala rückte der Doppelpack von Leon Goretzka (43. und 73.) und das Tor von Julian Brandt zum 6:1-Endstand (90.) in den Hintergrund. Genauso der couragierte Auftritt von Linksverteidiger Jonas Hector, der als Vorlagengeber glänzte.

So läuft die Auslosung zur EM

„Wir hatten uns vorgenommen etwas rauszuhauen, das ist uns eindrucksvoll gelungen. Wir sind froh, dass wir das Jahr so abgeschlossen haben. Ich hoffe, dass ich meine Chance genutzt habe“, sagte Hector.

Die Qualifikation für die EM war schon vor dem 6:1-Kantersieg geschafft. Zwei Fragen hatten sich vor dem Duell mit den Nordiren dennoch gestellt: Wie weit her war es mit der Sportlerehre und dem damit verbundenen Ehrgeiz als Gruppenerster vor dem Erzrivalen Niederlande (5:0 gegen Estland) das Jahr abzuschließen? Und: Wie schlagen sich die fünf Neuen in der Anfangsformation – Marc-Andre ter Stegen im Tor, das Duo Jonathan Tah und Emre Can im Abwehrzentrum, Jonas Hector als Linksverteidiger und Julian Brandt links vorne?

Tempo, Laufbereitschaft und schöne Kombinationen

Was die Sache mit der Motivation betraf, da sorgte die deutsche Elf von Beginn an für klare Verhältnisse. Jeder der 42 855 Zuschauer in der Frankfurter Arena spürte bereits bei den ersten Ballkontakten: Dieses Team ist heiß. Was es allerdings vor einer kalten Dusche nicht bewahrte: In der siebten Minute wehrte Toni Kroos eine Flanke der Nordiren per Kopf ins Zentrum ab – Michael Smith zog aus 25 Metern ab, der knallharte Schuss zischte unhaltbar ins Netz. Das deutsche Team machte weiter Druck, zog mit viel Tempo und Laufbereitschaft ein starkes Kombinationsspiel auf – und kam zu Chancen: Gnabry (10.) und Ilkay Gündogan (11.) hatten – jeweils nach feiner Kroos-Vorarbeit – noch Pech im Abschluss, doch dann brannte das deutsche Team ein Feuerwerk ab. Mit einem überragenden Serge Gnabry, der förmlich explodierte. „Er hat schon eine unglaubliche Klasse. Im Abschluss ist er eiskalt“, sagte Löw.