Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) schnallt den Gürtel enger und setzt die Honorarzahlungen für seine Stützpunkttrainer aus. Diese sind verärgert über die Art und Weise des Vorgehens und monieren fehlende Wertschätzung.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Von den Reichen kann man sparen lernen, heißt es so schön. Bisher war das vom wohlhabendsten Sportverband der Welt mit den meisten Mitgliedern nicht unbedingt bekannt. Die Rede ist vom Deutschen Fußball-Bund (DFB). Doch Ende April hat der DFB seine bundesweit im Rahmen des Talentförderprogramms an 366 Stützpunkten tätigen Trainer angeschrieben und ihnen das Honorar gestrichen. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt: „Aufgrund der aktuell kritischen Situation durch Covid-19 und der damit einhergehenden behördlichen Verfügungslage, können momentan keine Trainings-und Sichtungsmaßnahmen realisiert werden. Die von Ihnen vertraglich geschuldeten Leistungen können somit derzeit nicht durch Sie erbracht werden. Eine mit der Leistungserbringung einhergehende Verpflichtung des DFB zur Zahlung des Honorars besteht dementsprechend nicht.“ Die Mitteilung endet mit dem Hinweis, dass „die Zahlung des Trainer-Honorars aufgrund der Unmöglichkeit der Leistungserbringung bis auf weiteres ausgesetzt wird“.

 

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Für die Maßnahme an sich können die Stützpunkttrainer durchaus noch Verständnis aufbringen, schließlich sind sie bis auf das Pflegen von Datenbanken derzeit zur Tatenlosigkeit verurteilt. Doch auf breiter Basis herrscht große Verärgerung über die Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wird. „Das ist schlechter Stil von Seiten des DFB, man fühlt sich nicht mitgenommen, die Wertschätzung fehlt völlig, und ob die Aussetzung der Honorare sozialverträglich ist, ist dem DFB vollkommen egal. Man hätte die Zahlungen ja auch nur kürzen und nicht gleich komplett streichen können“, sagt ein Stützpunkttrainer aus Württemberg, der namentlich nicht genannt werden will.

307 Euro Honorar pro Monat

Pro Stützpunkt werden vier bis fünf Trainer beschäftigt. Jeder Coach erhält 307 Euro pro Monat. Von diesen Talentförderern (vom Gymnasiallehrer bis zum Studenten) sind nicht alle auf dieses Geld zwingend angewiesen, manche haben es aber fest eingeplant und andere Angebote, zum Beispiel als Scout, ausgeschlagen. Denn Tätigkeiten in Nachwuchsleistungszentren der Vereine sind für die Stützpunkttrainer, die mindestens die DFB-Elite-Jugend-Lizenz besitzen müssen, vertraglich ausgeschlossen.

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Medienberichten zu Folge hat der DFB 150 Millionen Euro auf der hohen Kante. Doch auch der reichste Fußballverband der Welt muss offenbar den Gürtel enger schnallen. Im schlechtesten Fall müsse man mit einem Haushaltsdefizit von 50 Millionen Euro vor Steuern rechnen, wenn die Situation bis Herbst anhält, hat Schatzmeister Stephan Osnabrügge vor kurzem gegenüber „Sport1“ erklärt. Anfang Mai hat der DFB laut dem Medium 20 Prozent seiner rund 500 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. 83 Angestellte aus den Servicebereichen Ticketing, Hospitality und Eventmanagement sind von den Maßnahmen betroffen.

Durch die Aussetzung der Honorare für die Stützpunkttrainer spart der DFB pro Monat rund 450 000 Euro. „Es heißt immer der DFB sei sich seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und vor allen auch seiner Mitarbeitern stets bewusst“, sagt ein Stützpunkttrainer und moniert im Umgang auch fehlendes solidarisches Vorgehen bei festangestellten Trainern.

Koordinatoren schweigen

Oliver Kuhn und Thomas Sinz, die beiden Stützpunktkoordinatoren des Württembergischen Fußballverbandes (WFV), wollten sich auf Nachfrage beide nicht äußern. Sie verwiesen auf den DFB. Die Pressestelle schickte zu dem Thema ein Mail: „Die Honorartrainer werden vom DFB als freie Mitarbeiter beauftragt. Vertraglich ist mit den Honorartrainern wöchentliches Training am Stützpunkt und die Sichtung vereinbart. Die Leistungserbringung ist durch die Corona-Krise und die behördlichen Bestimmungen unmöglich geworden. Dementsprechend entfällt auch das als Gegenleistung geschuldete Honorar. Sobald die Leistungserbringung möglich ist, werden selbstverständlich die Honorarzahlungen wieder geleistet.“

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Ist das Vorgehen des DFB wasserdicht? „Der DFB stellt sich auf den Standpunkt, dass es sich um freie Mitarbeiter handelt. Eindeutig ist das nicht: Wer regelmäßig Training nach inhaltlichen Vorgaben des Verbandes erteilt, kann durchaus Arbeitnehmer sein“, sagt der Stuttgarter Rechtsexperte Marius Breucker auf Nachfrage. „Der arbeitsrechtliche Status ist insbesondere für die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen von Bedeutung: Wenn sie nicht als freie Mitarbeiter anerkannt werden, müsste der DFB Sozialversicherungsabgaben entrichten und würde die Zahl der Trainer auf Dauer vermutlich reduzieren. Die Trainer müssen also auch vor diesem Hintergrund überlegen, ob es für sie sinnvoll ist, auf einen Status als Angestellter zu pochen.“ Das dürfte wie die Stil-Fragen diskutiert werden.