Seit Wochen schon ist die dritte Liga gespalten: Abbruch oder Weitermachen? Jetzt soll ab 30. Mai wieder gespielt – doch Fragezeichen bleiben.

Stuttgart - Kleiner Unterschied, große Wirkung: Während die DFL allenthalben für den gelungen Re-Start in den Bundesligen gelobt wurde, gab es postwendend herbe Kritik aus dem Munde des Bayern-Bosses Karl-Heinz Rummenigge, der Deutsche Fußball-Bund solle sich um seine Hausaufgaben kümmern, nachdem DFB-Präsident Fritz Keller die „Großkotzigkeit“ einiger Profis kritisiert hatte. Konkret ging es Rummenigge um die dritte Liga, das Premiumprodukt unter dem DFB-Dach, das sich zum Sorgenkind entwickelte. Der „Kicker“ titelte zuletzt sogar: „Wie sich eine Liga selbst zerlegt.“ Seit Wochen schon wird gestritten, um Saisonabbruch oder Fortsetzung. Nun steht fest: Am 30. Mai soll es weitergehen – mit einigen Fragezeichen.

 

Die Politik Das Heft des Handelns hat zuletzt nicht allein der DFB in der Hand, sondern die Politik, die grünes Licht dahingehend geben sollte, dass in allen Bundesländern gespielt werden darf. Das ist bisher nicht der Fall, konkret zum Beispiel in Thüringen bis 5. Juni oder Sachsen-Anhalt. Betroffene Vereine wie Carl-Zeiss Jena forderte der DFB noch einmal dazu auf, „in aktive Klärung mit den zuständigen Behörden zu treten“. Sollte einem Club zum Zeitpunkt eines Heimspiels sein Stadion nicht zur Verfügung stehen, müsste er in eine andere Spielstätte ausweichen. Klingt nach Wettbewerbsverzerrung.

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Rechtsstreitigkeiten „Wir werden auf jeden Fall rechtliche Schritte einleiten. Es ist einfach technisch nicht umsetzbar, es widerspricht ihren eigenen Konzepten“, sagt Jenas Geschäftsführer Chris Förster. „Wir sehen uns gezwungen, diese plötzliche Entwicklung unter dem Aspekt der Chancengleichheit rechtlich prüfen zu lassen“, sagt Jens Rauschenbach, Präsident des Halleschen FC. Auch weil Mannschaftstraining teilweise schon seit Wochen möglich ist, wie in Bayern (in Baden-Württemberg beispielsweise aber erst seit Montag). Zuletzt häuften sich im Zuge der Testungen Coronafälle in Chemnitz, am Mittwoch in Kaiserslautern, die dann aber nicht bestätigt worden sind. Dennoch sagt Geschäftsführer Philipp Mergenthaler von der SG Sonnenhof Großaspach: „Wir finden die Wiederaufnahme zum jetzigen Zeitpunkt nicht fair. Wir haben einen klaren Wettbewerbsnachteil.“

Der DFB drängt nicht nur aus sportlichen Gründen auf eine Lösung, weil er im Falle eines selbst gewählten Saisonabbruchs Schadenersatzforderungen etwa von TV-Partnern fürchtet. Präsident Keller: „Wir erleben eine Ausnahmesituation, in der es keine einfachen Lösungen gibt.“

Interne Probleme Im Gegensatz zur ersten und zweiten Liga, die geschlossen für eine Fortsetzung votierten, ist die dritte Liga gespalten. Bei einer Umfrage waren zehn Clubs für eine Fortsetzung, acht dagegen und zwei enthielten sich der Stimme. Wobei sich nachträglich der MSV Duisburg (Gegenstimme) und der SV Meppen (Enthaltung) auf die Seite der Befürworter schlugen. Auch der Drittliga-Ausschuss plädierte mehrheitlich für eine Fortsetzung. Nun entschied das DFB-Präsidium, weil die Zeit davon läuft. Zudem wurde für den Montag ein (virtueller) außerordentlicher Bundestag einberufen.

Bundestag Da soll dann zum Beispiel entschieden werden, was passiert, wenn die Saison doch nicht wie geplant bis 4. Juli zu Ende gespielt werden kann. Darüber hinaus liegt ein Antrag des saarländischen Verbandes vor, der zur nächste Saison die Einführung einer zweigeteilten dritten Liga mit je 18 Vereinen vorsieht. Der DFB verweist darauf, dass so ein Modell in der Vergangenheit stets abgelehnt worden sei.

Die Befürworter argumentieren mit mehr Derbys und weniger Reisekosten, dem stehen Argumente gegenüber: In erster Linie müsste der Fernseh- und Marketing-Kuchen (mit Partnern wie Adidas oder Bwin) von zusammen rund 1,2 Millionen Euro je Club unter mehr Vereinen aufgeteilt werden. „Zudem wäre die Liga nicht mehr so attraktiv“, gibt Sportdirektor Ioannis Koukoutrigas von der SGS Großaspach zu bedenken. So dass die Partner ihr Engagement finanziell runterschrauben könnten. Ein bedenkliches Szenario, nachdem schon jetzt viele Clubs über die Finanzierung ihrer Etats klagen. Denn obwohl die dritte Liga mit ihren aktuell 8132 Zuschauern im Durchschnitt europaweit im Grunde ein Erfolgsmodell ist, leben offensichtlich einige Vereine über ihre Verhältnisse.

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SGS Großaspach Der einzige württembergische Vertreter hat sich stets für einen Abbruch ausgesprochen – auch aus gesellschaftlichen Gründen: „Wir hatten hier schnell drei, vier Todesfälle“, betont Koukoutrigas. Dass die SGS von einem möglichen Abbruch (dann ohne Absteiger) als Tabellenvorletzter profitieren würde, will der Manager gar nicht verhehlen. Er weist aber noch auf eine andere Gefahr der Saisonfortsetzung hin. Aufgrund des sehr engen Spielplans steige das Verletzungsrisiko. „Und wenn wir sportlich absteigen, stehen die Spieler auch noch ohne gültigen Vertrag da“, gibt er zu bedenken.

Zumindest in einem anderen Punkt würden Geisterspiele die SGS nicht allzu hart treffen. Der Sportdirektor: „Wir haben im Etat vielleicht fünf Prozent Zuschauereinnahmen.“ Das wäre verkraftbar. Eher jedenfalls als ein Abstieg.