Klaus-Peter Graßnick will den Diakonissenbunker in Stuttgart-West herrichten und als Ausstellungsraum und Kulturbühne nutzen. Politische Unterstützung dafür hat er bereits. Jetzt ist die Stadtverwaltung am Zug.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Der Diakonissenbunker ist eines der besser gehüteten Geheimnisse von Stuttgart-West. Unter dem Verkehrsübungsplatz, wo normalerweise Kinder Fahrradfahren lernen, hätte zu Zeiten des Kalten Krieges im Falle eines Atomschlags der Oberbürgermeister Quartier bezogen. Zu Manfred Rommels Zeiten wurde der alte Weltkriegsbunker zu diesem Zweck modernisiert – und stand damit nicht mehr für Musiker zur Verfügung.

 

„Wegen der Bauarbeiten wurden wir damals aus unserem Proberaum geworfen“, erinnert sich der 66-Jährige. Der Bassist der Stuttgarter Krautrockband Müll hat unter dem Diakonissenplatz geprobt, gefeiert, aufgenommen. „Die schrägen Sachen kamen meistens von mir“, sagt er.

An diese Zeit hat sich der pensionierte Studiendirektor der Hoppenlauschule erinnert, als die Stadt die Neugestaltung des Diakonissenplatzes ausrief. Grassnick sprach mit dem Baurechtsamt, arbeitete mit dem Architekten und Fotografen Jim Zimmermann einen Plan aus. Er will in jenem Teil des Bunkers, der von der Rosenbergstraße her begehbar ist, drei Räume einrichten: eine Schau zur Bunkergeschichte, einen Raum für wechselnde Ausstellungen und im dritten eine Kulturbühne. Gut 200 Menschen hätten da unten Platz, es wäre eine reizvolle Location und eine der dringend benötigten Spielstätten für die Musikszene.

CDU findet das Projekt gut

„Der Bunker ist durch den Ausbau im Kalten Krieg in einem vergleichsweise guten Zustand“, sagt der 66-Jährige. Die Elektrik müsste man auf Vordermann bringen und die Wasserversorgung ansehen, außerdem natürlich den Brandschutz klären und den Bunker hübsch herrichten. Was das kostet, kann Graßnick noch nicht abschätzen. „Zunächst brauche ich ein Zeichen vom Liegenschaftsamt, ob eine solche Nutzung denkbar ist“. Für diesen Mittwoch hat ihn der Amtsleiter Thomas Zügel zum Gespräch eingeladen. Graßnick wird ihm auch vortragen, dass er einen Verein oder eine Genossenschaft einsetzen würde, um die Finanzierung und den Kulturbetrieb zu stemmen – und Sponsoren ansprechen.

Beim Klinkenputzen war das West-Kind einigermaßen erfolgreich. Der Popbüro-Leiter Peter James sagt, er „würde sich sehr gern daran beteiligen, den Bunker für Musik zu öffnen und mit Bands zu bespielen“. Der Stadtrat Philipp Hill (CDU) sprichtvon einer „spannenden Idee, so etwas gehört zum urbanen Leben dazu.“ Er verweist auf das von seiner Fraktion in den Doppelhaushalt eingebrachte Budget für die Stadtbezirke. West bekommt aus diesem Topf etwa 100 000 Euro. „Genau für solche Projekte ist das Geld gedacht“, so Hill.

Die Verwaltung prüft

Das Bunkerprojekt ist nicht Teil der für 2020 geplanten Neugestaltung des Diakonissenplatzes, wiewohl Graßnick seine Ideen bei Bürgerversammlungen zu dem Thema vorstellen durfte. Die Bürger in West, ist der 66-Jährige seither überzeugt, würden den Kulturbunker begrüßen.

Bleibt abzuwarten, was die Verwaltung sagt, die seit dem Ende der sogenannten Zivilschutzbindung an den Schutzbauten im Stadtgebiet nur noch das Nötigste macht und derzeit eher versucht, Bunker zu verkaufen. Im Fall des Diakonissenbunkers wäre das theoretisch möglich, so eine Sprecherin. Man müsse aber abwarten, wie der Diakonissenplatz umgestaltet wird. Die Verwaltung werde das Konzept des Kulturbunkers prüfen.

Vom Ergebnis hängt ab, ob der Diakonissenbunker ein Geheimnis bleibt – oder ob die Musik hierher zurückkehrt.

Wie Stuttgart Bunker genutzt werden.

Stuttgarter Bunker werden auf unterschiedliche Weise genutzt. Eine Möglichkeit: als Wohnraum. Die Hochbunker in der Talstraße (Ost) sowie der in Steinhaldenfeld werden von Privatleuten in Wohnraum umgewandelt.

Bunker dienen schon seit langem als Proberäume. Früher hatten beispielsweise im Diakonissenbunker
Bands ihr Quartier. Bis heute vermietet die Stadt die Parzellen im Schutzraum unter dem Marienplatz als Proberäume an Bands.

Eine weitere Möglichkeit der Nutzung: Museumsbunker. Der Verein Schutzbauten Stuttgart hat den
Tief- sowie den Spitzbunker am Bahnhof Feuerbach zu Museumsbunkern ausgebaut. Der von der Forschungsgruppe Untertage betreute Stollen unter der Heilbronner Straße sowie das ehemalige Bunkerhotel unter dem Marktplatz können ab und zu besichtigt werden. Im Hochbunker Steinhaldenfeld befindet sich zudem ein Turmuhrenmuseum.