„The Masked Singer“ war die Überraschung des Sommers 2019. Nun geht das Inkognito-Casting auf ProSieben in die 2. Staffel und verheißt erneut beste Gesangsunterhaltung – trotz des nervigen Moderators.

Stuttgart - Überraschungen sind nicht grade die Kernkompetenz des hiesigen Fernsehprogramms. Wer es eingehender studiert, bekommt den Eindruck, tagtäglich mindestens sechs Stunden Krimis zu zeigen, sei ein Sendeauftrag von Verfassungsrang. Der inhaltliche Ideenreichtum lässt zu wünschen übrig: Abgesehen von „Schlag den Raab“ wurden daher die meisten bemerkenswerten Formate der vergangenen 25 Jahre im Ausland geklaut. Das gilt auch für „The masked Singer“. Rein quantitativ zumindest.

 

Denn was die qualitative Adaption der südkoreanischen Ursprungsversion betrifft, vor allem aber die Resonanz in Deutschland, wäre „Überraschung“ noch untertrieben: Ende Juni 2019 glich sie schlicht einer Sensation. Seinerzeit schaffte es Pro Sieben, die verkappte Castingshow, bei der irrwitzig maskierte Stars jeder Kunst- und Kulturrichtung das Gesangsgut anderer interpretieren, mit einer völlig unverhofften Wärme zu füllen. Mitten im Sommerloch lieferten sich Einschaltquoten und Medienkritiken plötzlich ein bizarres Rennen um Bedeutsamkeit, die man Pro 7 nicht unbedingt zugetraut hätte.

Hohe Erwartungen

Ob der Überraschungserfolg von damals nun Fluch oder Segen ist, wird sich allerdings erst erweisen, wenn die getarnten Sänger in die zweiten sechs Folgen gehen. Hatte sich die Zuschauerzahl vor 16 Monaten von der ersten bis zur sechsten Folge auf jahreszeituntypische viereinhalb Millionen verdoppelt, dürfte der Wert im kühleren Frühjahr von Beginn an hoch liegen – und damit Augenmerk, Messlatte, Erwartungshaltung nochmals erhöhen.

Weil die umwerfend hingebungsvolle Collien Ulmen-Fernandes nicht mehr in der Jury sitzt, müssen Ruth Moschner und der leicht maulfaule Rea Garvey nun allein mit jeweils einem Gastjuror erraten, wer wohl hinter den Karnevalsmasken von Chamäleon über Roboter bis Faultier steckt. Das ist ein echter Verlust. Den hätte man der Sendung indes auch auf der Position des Moderators gewünscht. Matthias Opdenhövels artifizieller Frohsinn war schon in der ersten Staffel das einzig echte Ärgernis dieser ungewöhnlich organischen Show. Nun simuliert der Sportexperte abermals Empathie, wo offenkundig nur ölige Professionalität vorhanden ist.

Monster-Anhimmelei

Dazu kommt die künstlerische Feinjustierung. Mit Max Mutzke und Gil Ofarim waren die Vorjahresfinalisten professionelle Musiker, hatten also einen schier uneinholbaren Startvorteil gegenüber der Konkurrenz aus Moderatoren, Models und Komikern. Dass die Boxerin Susanna Kentikian im pinken Knopfaugendress hinter dem bühnenerfahrenen Metal-Comedian Bülent Ceylan Vierte und dabei zum Publikumsliebling wurde, lag an Opdenhövels kalkuliert aufgeblasener Monster-Anhimmelei. Angeblich war der Gastgeber einer von nur acht unter gut 200 Beteiligten der Show, die die Identität seiner Kandidaten kannte.

Ihr Publikum dürfte die Sendung trotz allem finden. Das künstlerische Wettbewerbsprinzip, gepaart mit Casting und Voting, etwas Mysterium und viel Gefühlsduselei schafft eine Verbindung zwischen Publikum und Verantwortlichen, die in keinem Verhältnis zum Investitionsvolumen solcher Unterhaltungssendungen steht. Und wären nicht zwei Senderkollegen mit ihren altruistisch verteilten „15 Minuten“ bei „Joko & Klaas gegen Pro Sieben“ unter die ersten drei gekommen, hätte „The masked Singer“ womöglich sogar einen Grimme-Preis gewonnen. Aber das wäre dann vielleicht doch eine Überraschung zu viel gewesen.

Pro7, 10. März, 20.15 Uhr