Der Trainer Heinz Höher, erfolgreich auch mit dem 1. FC Nürnberg, ist mit 81 Jahren gestorben. Was ein falscher Neuner ist, wusste er schon vor 35 Jahren. Heute könnten etliche einen Neuner brauchen, findet unser Kolumnist Mirko Weber.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Stuttgart - Ein Mittelstürmer, der nicht dort steht, wo ein Mittelstürmer dem Namen nach zu stehen hätte, heißt falsche Neun. Man kann sich so lange wie nerdig streiten, wer den falschen Neuner erfunden hat. Sepp Herberger, lebte er noch, würde wahrscheinlich darauf schwören, 1954 bei der WM in der Schweiz bereits mehr als geahnt zu haben, dass der Ungar Nándor Hidegkuti so einer sei, der sich die Bälle gewissermaßen selbst vorlegte – und natürlich spielte der niederländische „Voetbal totaal“ immer wieder mit der Idee, bis Lionel Messi die Aktionskreise des Mannes, der aus der Tiefe des Raumes kommt, in der ihm eigenen Unberechenbarkeit perfektionierte.

 

Faible für die Abseitsfalle

In Deutschland hingegen fand lange keiner der apostrophierten Meistertrainer Gefallen an der falschen Neun, nur in Bochum traute sich in den Siebzigern bereits jemand, auf den nominellen zentralen Brecher zu verzichten – das war Heinz Höher, der Ende vergangener Woche gestorben ist (überdies hatte er, auch das war neu, ein Faible für die Abseitsfalle). Höher, Jahrgang 1938, stand, als er noch Spieler war, bei Leverkusen und beim Meidericher SV auf dem Platz und im Notizbuch von Sepp Herberger, schaffte es jedoch nie in die Nationalmannschaft.

Gewisse Rekorde hielt er gleichwohl. Sieben Jahre hat es weder vor noch nach ihm jemand als Coach an der Castroper Straße ausgehalten – und auch in Nürnberg, wo er von 1984 bis 1988 amtierte (und zusammen mit dem Präsidenten Gerd Schmelzer einmal während der Saison die halbe Mannschaft rausschmiss), hält er noch den Vereinsrekord. Höher hatte ein Auge für Talente: Grahammer, Eckstein, Schwabl, Reuter und Köpke wurden Nationalspieler unter ihm. Dabei waren Worte seine Sache nicht, einerseits: Höher galt, wie unter anderem Ronald Reng in einem Buch über ihn und „Die andere Geschichte der Bundesliga“ geschrieben hat, als eminenter Schweiger. Andererseits hat er zwar weniger Spruchweisheiten hinterlassen – und doch sogar ein eher beredtes Kinderbuch geschrieben, „Tommo“. Seinen größten Feind besiegte er dauerhaft erst 10 Jahre vor seinem Tod: den Alkohol.

Gewechselt – und zwar quer durch Europa – ist Höher oft, und häufig bei sogenannten schwierigen Vereinen hängen geblieben. Nur in Köln war er nie, sein Glück, wahrscheinlich. Noch heute kann dort eigentlich kein Verantwortlicher dauerhaft richtig Fuß fassen. Kurz nacheinander gehen in Müngersdorf jetzt Armin Veh, der bisherige Geschäftsführer Sport, und Achim Beierlorzer, der Trainer. Ersterer hat wenigstens einige Anteile am prompten Wiederaufstieg des Clubs gehabt. Dennoch: Demissioniert man als Chefeinkäufer vorzeitig beim Verein, wenn der auf einem Abstiegsplatz steht?

Pokal-Aus in Saarbrücken

Beierlorzer hingegen hatte auch viel Pech (und die Beobachter in der Kölner Videobeweis-Zentrale oft in zweifelhafter Weise gegen sich, wie jetzt wieder beim Heimspiel gegen Hoffenheim in allerletzter Minute). Aber acht Niederlagen in elf Spielen und ein Pokal-Aus in Saarbrücken obendrein sind dann doch ein bisschen zu viel gewesen. Wie es der Zufall will, ist heute der 11. 11.; da passiert auf der Geschäftsstelle traditionsgemäß nicht viel. Danach aber braucht der 1. FC Köln einen Mittelstürmer, der weiß, wo er steht – und am besten eine Mannschaft und einen Trainer drum herum, die das positionell auch wissen. Es könnte vielleicht auch ein richtiger Neuner sein, wie er im Moment in Mainz, Augsburg und besonders in Paderborn gleichfalls gebraucht würde.