Schrill, übertrieben, kunterbunt, laut – das Wizemann verwandelt sich für eine Nacht in einen Comic-Strip. Burlesque, Cosplay, laute Musik und Superhelden-Cocktails inklusive.

Stuttgart – Raser auf der Theo, Angriff der Feinstaubpartikel, Supergau im Stau, riesige Löcher unter der Erde: Klingt ja fast nach einem Comic, der Alltag in Stuttgart. Gut, noch müssen wir im Kessel ohne Hulk, Spiderman und mutierte Schildkröten auskommen; dafür haben wir seit letztem Jahr die Comic Con. Wir sind Nerd! Würden wir sagen, wenn wir eine große Boulevard-Zeitung wären. Wir beschränken uns lieber auf die große Freude über den Umstand, dass die weltgrößte Messe für Comics, Graphic Novels und Nerds, jenes legendär freakige Schaulaufen in San Diego, ausgerechnet Stuttgart als Auslands-Dependance unterhält. Und am Wochenende auf dem Messegelände wieder ein Heim für Aliens, Superhelden, japanische Manga-Girls und Filmcharaktere bietet.

 

Fußball-Bildchen

Was das für die Stadt bedeutet? Nun, aus Sicht der Szene ist das ein Ritterschlag, wie er größer nicht sein könnte. Aus Sicht der Stadtgeschichte eigentlich nur konsequent. Stuttgart ist, das wissen die wenigsten, wichtige Schaltzentrale der hiesigen Comic-Welt, beheimatet mit Panini auch Deutschlands größten Comic-Verlag. Den assoziieren die meisten allerdings immer noch mit Fußball-Sammelbildchen, weiß Pressesprecher Steffen Volkmer. „Viele verbinden das mit tollen Kindheitserinnerungen und auch die neue Generation fährt zum Glück noch immer darauf ab. Mit jeder Comic-Messe, jedem Film, der auf einem Comic von uns basiert, versuchen wir aber auch, das Label Panini Comics im öffentlichen Blick näher an die Sammelbildchen heranzurücken. Aber dann“, lacht er, „kommt die nächste WM und alle sind wieder im Stickerfieber.“

Mit Karacho!

Zwei Ronaldo gegen einen Neuer? Halt mal. Zumindest an diesem Wochenende haben die Sticker Sendepause. Im Rahmen der Comic Con zelebriert der Verlag den 20. Geburtstag seines Comic-Unterlabels auf denkbar passende Weise. Gefeiert wird schon tagsüber auf der Messe, am Abend des 1. Juli aber auch bei einer Fete im Wizemann. „Das Ganze wird eine schrille Party mit Comic-Charakter“, verspricht Volkmer. „Thorsten Schwämmle alias DJ Karachoo legt auf, der dürfte einigen hier ja bestens bekannt sein. Unsere internationalen Comic-Zeichner werden mit uns vor Ort sein und vorführen, was sie können. Es gibt eine Cosplay-Modenschau, eine Comic-Hero-Burlesque-Vorführung und noch ein paar andere Überraschungen.“ Wer kostümiert erscheinen möchte, der sollte das unbedingt tun, nicht zuletzt lebt schon die Comic Con von teils hochprofessionellen, teils eigenwilligen Interpretationen der größten Comic- und Filmhelden. Da gibt‘s für Stadtkinder ohne Ende Futter für Augen, Ohren und alle anderen Sinne.

Ein Flirt mit Doctor Who

Wo die Messe überwiegend Szenepublikum, Nerds und Comic-Enthusiasten anlockt, hat die Party im Wizemann auch für all diejenigen etwas zu bieten, die ihre Ersparnisse nicht in Comic-Sammlungen gesteckt haben. Und einfach mal schauen wollen, was es mit diesen ganzen bunten Bildchen so auf sich hat. Die ersten 500 Gäste bekommen einen Comic gratis, es gibt Hulk-Waffeln und Superhelden-Cocktails zu den rockigen Klängen der Achtziger und Neunziger. Fest steht: Neben Iron Man und Darth Vader hat bestimmt noch niemand auf der Tanzfläche gestanden. Zumindest nicht in Stuttgart. Und wer weiß, vielleicht reicht es ja sogar für einen Drink mit Buffy oder einen Flirt mit Doctor Who?

Mittelpunkt des Comic-Universums

Stuttgart, die Comic-City also? Strenggenommen ja. Immerhin wollte der Bösewicht Loki im ersten „Avengers“-Kinofilm aus unserer Stadt sogar seine Herrschaft antreten. Für Volkmer müsste Stuttgart deswegen so was wie der Mittelpunkt des Comic-Universums sein. „Tatsächlich“, meint er etwas ernster, „ist Deutschland als Markt für die Comic-Lizenzen aus den USA, Frankreich und Japan sehr interessant.“ Neben Panini sind auch noch Cross Cult aus Ludwigsburg am Start, die überwiegend US-Comics für den deutschen Markt adaptieren und die Region auf der Comic-Landkarte verankern. Nicht, dass wir keine erfolgreichen Eigengewächse hätten: Der Erfinder des VfB-Maskottchens Fritzle, Martin Frei, oder Peter Puck, der Vater der Rudi-Comics, werden auf der Messe neben internationalen Stars zeichnen, signieren, Rede und Antwort stehen.

Messe wie Party zeigen einmal mehr, wie lebendig die Subkultur ist. Wenn man sie lässt. Letztes Jahr kamen 50.000 Fans zur Comic Con, eine ähnliche Zahl erwartet man dieses Jahr. Klar, auch diese Branche ist knallhartes Geschäft, ist manchmal kurzlebig und immer unberechenbar. Sie lässt Nerds wie Neugierige im Wizemann aber für eine Nacht in eine ziemlich andere Welt abtauchen. Schrill, übertrieben, kunterbunt, laut – ganz wie im Comic eben…

Samstag, 1. Juli, 19 Uhr, Im Wizemann