Die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke fordert, dass für den Nachweis eines Folgeschadens der Unterdrückung des DDR-Regimes kein Gutachten mehr notwendig ist. Und sie will einen bundesweiten Härtefallfonds.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Berlin - Knapp fünf Monate, viele Gespräche und ein emotionales Treffen mit Opfern hat es gebraucht, bis die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke am Dienstag ihren ersten Bericht vorlegen konnte. Dass sie für die Vorstellung den 9. November auswählte, den Tag des Mauerfalls vor 32 Jahren, war kein Zufall. Und die Nachwirkungen der SED-Diktatur in der ehemaligen DDR, des Verfolgens, Wegsperrens und Umerziehens – sie sind für viele Menschen noch immer zu spüren, ist Zupke überzeugt. „Viele Opfer kämpften bis heute mit den schwerwiegenden Folgen des Regimes“, sagte Zupke im Rahmen der Bundespressekonferenz. „Die Schicksale bewegen mich tief.“ Und ihre Botschaft ist: Die Lage der früheren Opfer müsste und könnte besser sein.

 

Opfer des SED-Regimes sollen keine Gutachten mehr brauchen

Zupke fordert vor allem mehr und einfachere Hilfe für Opfer des SED-Regimes. Es müsse für sie einfacher werden, Folgeschäden von Repressionen der damaligen Diktatur anerkennen zu lassen. Neun von zehn Betroffenen scheiterten daran, sagt Zupke. Dazu sei ein oft jahrelanges Begutachtungsverfahren notwendig, um den kausalen Zusammenhang von Repressionserfahrungen und heutigen Gesundheitsschäden herzustellen – ohne diesen Nachweis gibt jedoch es keine Unterstützung. Zudem seien die Gutachter oft nicht sensibilisiert für den Umgang mit DDR-Unrecht. Zupke plädiert deswegen für ein einfacheres Verfahren: Künftig solle auf die Begutachtung verzichtet und nur jeweils die erlebte Repression und der aktuelle Gesundheitsschaden nachgewiesen werden.

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Zupke will bundesweiten Härtefallfonds

Zudem fordert Zupke einen bundesweiten Härtefallfonds für Opfer. Bisher gibt es diesen nur in Berlin, Brandenburg und Sachsen. Er richtet sich an Menschen, die in der DDR politisch verfolgt wurden und sich in einer finanziellen Notlage befinden. Der Fonds bringt Betroffenen aber nur etwas, wenn sie heute in einem dieser Bundesländer leben. All jene Menschen, die in der Zeit der DDR zwischen 1949 und 1990 in den Westen gezogen sind, wären damit von Hilfe ausgeschlossen.

Die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Evelyn Zupke hat das neu geschaffene Amt der SED-Opferbeauftragten Mitte Juni angetreten. Das im Bundestag angesiedelte Amt gilt als Nachfolge der Stasi-Unterlagen-Behörde, die zeitgleich aufgelöst und die Akten ins Bundesarchiv übertragen wurden. Zupkes Aufgabe ist es, für die Anliegen der Opfer der SED-Diktatur einzutreten sowie Bundesregierung und Bundestag zu beraten.