Viele Menschen wünschen sich Sonne satt im Sommer. Die Bäume leiden aber seit Jahren unter Trockenheit. Für sie ist das bisher an Niederschlag reiche Jahre eine Erleichterung.

S-Mitte - Nicht die Dürre beunruhigt in diesem Jahr, sondern katastrophale Unwetter wie in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vor wenigen Wochen mit vielen Toten. Die zunehmend beängstigende Wetterlage scheint den rund 190 000 Bäumen in Stuttgart allerdings gut zu tun.

 

Laut Matthias Holzmann, Abteilungsleiter Forsten und Service-Betriebe beim Garten-, Friedhof- und Forstamt, erlebten die Stadtbäume zum ersten Mal seit 2018 ein Jahr, in dem ihnen Trockenheit nicht zusetzte. Gut für die Bäume seien die Tage, an denen es moderat über längere Zeit regne, erklärt Holzmann. „Starkregen wie wir es bei den Unwettern erleben, bringt dagegen nichts, weil das Wasser dann sofort abfließt“, sagt er.

Regne es dagegen in moderatem Maß über einen längeren Zeitraum, habe die Feuchtigkeit eine Chance, den ausgedörrten Boden zu durchdringen, erläutert der Abteilungsleiter. Ginge es nach den Bäumen, könnten sich die Menschen wohl einen warmen Sommer abschreiben. Denn der Boden ist noch lange nicht so gut durchfeuchtet, wie er sein sollte. Holzmann nennt eine Bodentiefe von 1,80 Meter, die der Regen erst noch erreichen müsse. Nach den auf das Jahr 2018 folgenden Dürresommern 2019 und 2020 reiche ein kühleres und feuchteres Jahr nicht aus, um die erschöpften Reserven wieder aufzufüllen, stellt er klar.

Äste sterben ab

Die Mitarbeiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts erkennen bei ihren Kontrollen die Folgen der Trockenheit. Sie rücken immer wieder in Stuttgart aus, um abgestorbene Äste von Bäumen zu entfernen. Das tote Holz bricht leichter ab und stellt eine Gefahr für Autofahrer oder Fußgänger dar. Äste erhalten ohne ausreichend Flüssigkeit keine Nährstoffe. Sie sterben ab. Ein trockener Baum ist auch schnell ein kranker Baum. „Bäume sind lebende Organismen. Ein Mangel an Flüssigkeit und Nährstoffe schwächt die Abwehr und der Baum wird anfällig für Pilze, Bakterien oder Käfer“, sagt Holzmann.

Von Trockenheit weniger betroffen scheinen Bäume, die in Parkanlagen oder auch im Stadtwald nicht einsam in der Erde wurzeln. Der Abteilungsleiter verweist auf einen höheren Verdunstungsschutz durch andere Bäume, die Schatten werfen. Anders gestalte sich die Lage für Bäume am Rande des Stadtwalds besonders in Südlage. „Die sind stark der Sonne ausgesetzt“, sagt Holzmann. Gerade Buchen seien unter solchen Bedingungen gefährdet, Schaden zu nehmen, betont der Leiter der Abteilung Forsten.

Eichen sind robust

Eichen hingegen verfügten über tiefere Wurzeln und könnten so besser Bodenfeuchtigkeit anzapfen, erklärt Holzmann. Er sieht es als Vorteil für den Stadtwald in Zeiten der Trockenheit, dass dort unterschiedliche Baumarten wachsen. Den Straßenbäumen sei in den vergangenen Sommern hingegen nur mit viel Gießen zu helfen gewesen, sagt er. Holzmann verweist auf die städtische Gießwagenflotte.

Kleinere Fahrzeuge mit Elektroantrieb sind zum Beispiel am Killesberg im Einsatz. Die Flotte könne insgesamt 90 000 Liter Wasser am Tag gießen, erklärt der Leiter der Abteilung Forsten. „Das reicht, um jeden Baum in der Stadt vier- bis fünfmal im Jahr zu bewässern“, sagt er. Einige Bäume erhielten allerdings öfter als andere einen Durstlöscher. „Das kommt auf die Baumart und die Größe an“, sagt Holzmann. Er schätzt, dass eine ausgewachsene Linde etwa 100 Liter Wasser am Tag benötigt. Im Stadtwald werde grundsätzlich nicht gegossen, betont er.

Benötigt es bei einer stärkeren Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten nicht völlig neue und für heiße Temperaturen gewappnete Baumarten in der Stadt? Holzmann verweist auf die sogenannte Galk-Straßenbaumliste. Eine Konferenz der deutschen Gartenamtsleiter einigt sich dabei auf Arten, die sie für die Anpflanzung in Städten für geeignet hält. Kriterien sind dabei auch die Tauglichkeit für den Klimawandel. So finden sich auf der aktuellen Liste Bäume wie der Säulenförmige Spitzahorn. Über ihn heißt es in der Erläuterung, er sei hitze- und trockenheitsbeständig. Die Stadt wird allerdings nicht ihren ganzen Bestand gegen besonders klimaresistente Bäume austauschen. Sie könnte in noch viel heißeren und trockeneren Jahren mehr Personal und Ausstattung benötigen für die Bewässerung ihrer Bäume. Dies werde dann vom politischen Willen abhängen, meint der Abteilungsleiter. „Darüber entscheidet der Gemeinderat“, sagt Holzmann. Mehr Investitionen könnten sich aber lohnen. Denn die vom Klimawandel beeinträchtigten Stadtbäume helfen Menschen, die Folgen der Erwärmung erträglicher zu gestalten etwa als Schattenspender während einer Hitzewelle.

Hitzeresistenz ist Kriterium

Palmen gibt es nur in Kübeln

Mit einem rechnet der Abteilungsleiter mit Blick auf die Zukunft nicht: Palmen werden in Stuttgart auch künftig nicht im Boden wachsen, sondern in Kübeln stehen, lautet seine Prognose. „Dazu sind sie zu empfindlich gegen frühen Frost und insgesamt zu wenig widerstandsfähig“, sagt Holzmann.