Der Emmy ist das TV-Gegenstück zum Oscar. Hier werden die besten Serien, Darsteller, Autoren oder Regisseure in Sparten wie Drama und Comedy ausgezeichnet. Wir verraten, wer in der Nacht von Montag auf Dienstag (17./18. September) unbedingt gewinnen sollte.

Los Angeles - Einige Favoriten stehen natürlich zahlenmäßig schon fest. „Game of Thrones“ zum Beispiel. Die HBO-Fantasyserie ist in diesem Jahr in 22 Kategorien für den wichtigsten Fernsehpreis der Welt nominiert. Dahinter folgen bei den Seriendramen „Westworld“ mit 21, „The Handmaid’s Tale“ mit 20, „The Crown“ mit 13 und „Stranger Things“ mit zwölf Nominierungen. Als weiterer Gewinner darf sich schon vor der eigentlichen Zeremonie am Montagabend der Streamingdienst Netflix fühlen, der erstmals bei der Zahl der Nominierungen alle klassischen Fernsehsender hinter sich lässt – und für insgesamt 122 Preise ins Rennen geht. Ganz unbeeindruckt von Zahlen aber kürt unsere Redaktion hier ihre diesjährigen persönlichen Emmy-Favoriten.

 

The Marvelous Mrs. Maisel

Midge Maisel ist eine toughe, zur Derbheit und Selbstentblößung neigende Frau („Hört bloß nicht auf mich: Ich bin verrückt!“), die sich lange mit der Rolle der treusorgenden Hausfrau abgefunden hat, dann aber ihr komisches Talent entdeckt und in den New Yorker Kellerklubs der 1950er Jahre als Stand-up Comedian Karriere macht. Amy Sherman-Palladino („Gilmore Girls“) hat sich „The Marvelous Mrs. Maisel“ (auf Amazon verfügbar) ausgedacht und inszeniert die Comedyserie als eine fabelhaft aktuelle One-Woman-Show für Rachel Brosnahan, die unbedingt einen Emmy als beste Hauptdarstellerin in einer Comedyserie verdient hat. (gun)

This is us

Die Konkurrenz in der Hauptkategorie herausragende Dramaserie ist groß („Stranger Things“, „Game Of Thrones“, „Westworld“, „The Crown“). Was aber „This is us“ (Amazon) außergewöhnlich macht: Die Geschichte um die Mittelschichts-Familie ist eben gar nicht außergewöhnlich. Jack und Rebecca erwarten Drillinge, ein Kind stirbt bei der Geburt, sie adoptieren ein schwarzes Findelkind. Schnitt. 36 Jahre später suchen die Kinder ihren Platz im Leben – und immer wieder ihre ganz eigene Erinnerung. „This is us“ ist sehr gut gemachter Kitsch, spielt mit verschiedenen Zeitebenen, ist nie aufregend, und genau deshalb so gut. (nja)

The Sinner

Schöne Damen in Hollywood müssen auf der Leinwand oft leiden, um Auszeichnungen zu erhalten. Werden solche Rollen nicht angeboten, geht die Frau von heute unter die Produzenten und gibt sich selbst die Hauptrolle. So wie Ex-Model Jessica Biel in „The Sinner“. Zu Recht ist sie als beste Hauptdarstellerin in einer Kurz-Serie nominiert. Biel verkörpert eine verheiratete Mutter, die scheinbar grundlos einen Mann absticht. Es wird klar, die Frau ist traumatisiert. Biel zeigt, wie fein nuanciert sie spielen kann. Man sieht an Blicken, an sparsam eingesetzten Gesten, wie verletzlich, trotzig, wütend ihre Figur ist, wie schwach und zugleich stark. (golo)

Godless

Der schillernde Anführer einer Bande Gesetzloser gehört zu den archetypischen Figuren des Spätwesterns, Paul Newman hat die Rolle geprägt als Butch Cassidy in George Roy Hills Spielfilm von 1969. In der Netflix-Serie „Godless“ nun interpretiert Jeff Daniels („The Newsroom“), sie besonders diabolisch: Gerade hat er als Frank Griffin wüst gemordet und gebrandschatzt, die Colts qualmen noch, da gibt er ansatzlos den gütigen Vater, der entwurzelte junge Männer umgarnt und neu beheimatet in der glamourösen Abenteuer-Tobegruppe, als die er seine Ansammlung von Gewalttätern verkauft. Hypnotisch einnehmend sind Griffins Wesen und seine klug gesetzten Worte – der Emmy für Daniels als bester Nebendarsteller wäre hochverdient. (ha)

Eine Reihe betrüblicher Ereignisse

Wenn der Herr Internatsdirektor seine Geige ansetzt, scheinen die scheußlichen Töne Löcher in die düsteren Wände zu sägen. Was nur eine der vielen Schrecklichkeiten des Ortes darstellt, an dem die drei Baudelaire-Geschwister in „Lemony Snicket: Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ (Netflix) landen. Sarkastisch, düster und hochgradig bizarr, ist dieses moderne Märchen um Intrigen, Geheimgesellschaften, einzigartige Bösewichte und die allgemeine Bosheit der Welt alles andere als Schonkost – und muss darum , um den ulkigen Pessimismus des immer wieder mahnend vor die Kamera tretenden Erzählers Lügen zu strafen, den Emmy als beste Kinderserie bekommen. (tkl)

Curb your Enthusiasm

In der Comedyserie „Curb your Enthusiasm – Lass es, Larry“ spielt Larry David einen reichen jüdisch-amerikanischen Fernsehautor namens Larry David, der in Los Angeles regelmäßig alle Golffreunde schockiert. Larrys größtes Handicap: die Glatze. Und er ist brutal ehrlich. Soziale Konventionen sind ihm völlig Banane, er sagt, was er denkt. Das führt zu Irritationen. Stressig wird es aber erst, als sich der Frechsack in der 9. Staffel in seinem Musical „Fatwa“ über die Ayatollahs mokiert und prompt von einem Hassprediger den Todesbann kassiert. Nur einer ist noch lustiger als ein paranoider Komiker mit Perrücke, der sich vor humorlosen Islamisten versteckt: Larry David höchstselbst. (pav)

Der Sender TNT Serie übertragt die Emmy-Preisverleihung in der Nacht von 17. auf 18. September ab 1.30 Uhr und zeigt Wiederholungen am 18. September um 22:30 Uhr und am 23. September um 23:20 Uhr.