Gent, 4. Juni 1915: Adolf Mann stellt an sich „leichte Symptome einer Art Verfolgungswahn fest“. Weil er infolge seiner Verletzung am Trommelfell kaum mehr etwas hört, glaubt er, dass andere seine Lage ausnutzen.

Stuttgart - Ich, als einer der früher tadellos hörte, fühlte mich auch wenn mein Gehör noch genügend sein soll, doch vorderhand als Halbmensch.

 

Sowie ich aber unter Menschen bin, wachen und hören soll, werde ich, der ich allmählich wirklich glaubte, Nerven wie Starkstränge zu haben, nervös. Sogar bei mir zeigen sich leichte Symptome einer Art Verfolgungswahn: man glaubt beständig, der andere ziehe Vorteil aus meiner Hilflosigkeit. Auch gestern ward der Besuch der Stadt beeinträchtigt. Einmal gehört zu Eindrücken, wenn sie nicht tote Bilder werden und bleiben sollen, ihr zugehöriges Geräusch, dadurch, dass dieses fehlte, ward ich von vielen lang nicht so angepackt. Denn es fehlte auch die entgegengesetzte Erscheinung, der Eindruck der Ruhe beim Besuch der Kirchen, wo ich eben das ekliche Ohrensausen empfand, statt mich dem kühlen Schweigen hingeben zu können.

Dieses singende Geräusch in den Ohren ist wohl in erster Linie was so betäubend wirkt. Unter dessen geistabtötender Wirkung steht man überall und ich hab heut ein wahnsinniges Bedürfnis nach deiner beruhigenden heilenden Hand, nach deiner Stimme und deinem Lachen, nach etwas, wo ich sicher wäre, geliebt zu sein.

Begleitend zur Serie gibt es die Geschichte von Elisabeth und Adolf Mann nun auch als Hörbuch.