Biergarten, Open-Air-Kino, Wochenmarkt und Konzertbühne: Die Kulturinsel in Bad Cannstatt startet am Sonntag in die Saison und ist bereit für die warmen Monate. Das Wetter auch?

Stuttgart - Holla, jetzt wollen sie es draußen in Bad Cannstatt aber wirklich wissen. Umgeben von Baggern und Baustellen behauptet sich das grüne Biotop der Kulturinsel erfolgreich als alternative Stadtteilmitte in spe. Zwar fehlt der Stadtteil drum herum noch, die Kulturinsel zeigt aber schon jetzt, was sie kann. Ja, es rumort und gedeiht alles ganz prächtig, allgemein scheint es so, als möchte das emsige Kulturinsel-Team nach all den Hiobsbotschaften, Zankereien und schlechten Nachrichten rund um den Club Zollamt und dessen Schließung Ende vergangenen Jahres jetzt vor allem für eines sorgen: gute Nachrichten.

 

Das gelingt ihnen bisher ganz gut. Die Tränen über den Verlust der nächtlichen Subkultur-Bastion sind, so scheint es, getrocknet, die Kriegsbeile alle tief in der Erde des Urban-Gardening-Projekts auf der Kulturinsel verbuddelt. Mittlerweile dominieren wieder Aufbruchstimmung und Optimismus die Mienen und Pläne auf dem Areal des Güterbahnhofs. Noch weiß niemand so ganz genau, wie lange die Kulturinsel nun wirklich in dieser Form bestehen bleiben darf. Mehr denn je scheint deswegen zu gelten: Jetzt oder nie! Mitmachgarten, Kulturprogramm, Künstlercafé, Open-Air-Kino, Biergarten, Workshops… keine Frage, da hat man mit Kulturinsel-Chef Joachim Petzold einen sehr ambitionierten und unverwüstlich optimistischen Programmplaner in petto.

Es beginnt mit Weißwürsten

Allen vorangestellt ist die offizielle Opening-Sause der Kulturinsel am kommenden Sonntag, von 11 Uhr an. Das Wetter mag jetzt noch nicht so ganz danach aussehen, es tröpfelt von den Bäumen und Schirmen. Egal, auf der Kulturinsel läutet man jetzt die Sommersaison ein. Fertig, aus!  Noch hängen dunkle Wolken träge über Cannstatt, die Wetterprognose sieht mittlerweile also ganz gut aus. Dreimal auf Holz geklopft: es scheint nicht allzu viel gegen ein erstes Weißwurstfrühstück unter freiem Himmel zu sprechen.

Gastronomie-Verantwortlicher und Biergarten-Strippenzieher Valentin Hillengass freut das am meisten. Er kümmerte sich schon zuvor um das Catering auf dem Areal, klemmt sich ab Sonntag aber vor allem hinter den nagelneuen Biergarten. Der hat im ehemaligen Innenhof des Zollamts Aufstellung bezogen, in dem die Erinnerung an so viele unvergessliche Sommernächte noch präsent ist wie ein verführerischer Duft. Der Club ist Geschichte, ab sofort ist hier gemütliche Biergartenstimmung angesagt. „Dieser Innenhof mit seinen wunderbaren Bäumen ist einfach unvergleichlich“, schwärmt Hillengass. Für ihn wäre es unverzeihlich gewesen, wenn man diesen besonderen Ort nicht weiterhin nutzbar gemacht hätte.

Trinken für die Kultur

Gleich hinter dem Biergarten schließt sich der urbane Mitmachgarten Inselgrün an, in dem jeder seinen grünen Daumen erproben oder schulen kann. Auch hier geht‘s im Sommer heiß her – mit Wildkräuterführungen und gemeinsamem Gärtnern. Der Zugang zu den Zapfhähnen ist sowohl durch dieses grüne Biotop als auch durch den alten Club-Eingang möglich, geöffnet ist der Biergarten zunächst von Donnerstag bis Sonntag. „Donnerstag ab nachmittags, damit man nach der Arbeit bei uns was Essen oder ein Bier trinken kann“, so Hillengass, „Freitag und am Wochenende ab elf Uhr.“ Hillengass ist die Euphorie anzumerken. Er ist ein Verknüpfer, ein Netzwerker und Planer, der Synergien aufspürt wie ein Trüffelschwein die edlen Pilze, der gut darin ist, Menschen zusammenzubringen. An einem subkulturellen, sozialen Ort wie der Kulturinsel ist er deswegen perfekt aufgehoben. „Hier gibt es offene Türen und offene Ohren“, schwärmt er.

Etwas ist ihm an seinem neuen Biergarten besonders wichtig: „Meines Wissens sind wir der erste gemeinnützige Biergarten überhaupt“, verkündet er fast ein wenig stolz. „Was nach Abzug aller Kosten übrig bleibt, fließt komplett in die Kulturinsel.“ Davon werden wiederum neue Angebote oder Workshops finanziert – ein unterstützenswerter Kreislauf für ein schöneres und bunteres Bad Cannstatt für eine Kulturinsel, die sich finanziell selbst trägt. „Wer bei uns sein Bier trinkt, kann also ein richtig gutes Gewissen dabei haben!“, lacht Hillengass. Trinken für den guten Zweck? Mit Sicherheit eine Disziplin, die man in diesem Sommer mal zur Meisterschaft bringen kann. Zum Bier gibt es die passende Küche: Wurstsalat, Maultaschen, Weißwurstfrühstück, auch mal Fleischküchle. Das Bier ist regional, das Fleisch kommt vom Metzger aus Cannstatt.

Mit einem kostenlosen Open-Air-Kino auf einer LED-Wand jeden Donnerstag, freitäglicher Live-Musik und – ab dem 5. Mai – einen eigenen zeitgemäßen Wochenmarkt, bei dem die Verbraucher ihre Waren zuvor online beim Erzeuger bestellen können, gesellen sich glatt noch ein paar weitere gute Gründe ins Insel-Portfolio, die den Ausflug nach Bad Cannstatt lohnen. Drücken wir die Daumen, dass das auch über die derzeit vereinbarte Frist von Ende 2018 hinaus gilt.