Die Klagen über eine zu geringe Personalausstattung der baden-württembergischen Haftanstalten sind berechtigt. Ein überfordertes Justizwesen verscheucht die Bediensteten und untergräbt das Vertrauen der Bürger, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Überfüllte Haftanstalten und überlastete Gerichte, Sicherheitsbehörden am Limit, Ämter und Schulen in Personalnöten – an immer mehr Stellen scheint der Staat an seine Grenzen zu geraten. Ein wesentlicher Grund ist der von der Politik über viele Jahre vorangetriebene Personalabbau unter der Devise „Schlanker Staat“. Mittlerweile sind die Strukturen so ausgedünnt, dass Mehrbelastungen sofort negativ zu Buche schlagen. Die Folgen der Zuwanderung werfen daher auf die Missstände ein besonders grelles Licht.

 

Was im Knast schief läuft, schlägt später draußen auf

Dies gilt auch für die baden-württembergischen Gefängnisse, wo immer mehr ausländische Häftlinge und generell immer mehr Menschen mit hohem Betreuungsbedarf anlanden. Die Haftbedingungen verschlechtern sich zwar praktisch unsichtbar hinter hohen Mauern, sie müssen die Politik aber dennoch alarmieren. Was dort schief läuft, dürfte später wieder das öffentlichen Leben beeinträchtigen. Wenn die Landesregierung somit meint, es reiche aus, vor allem Polizei und Schulen besser auszustatten, weil diese Bereiche dem Bürger so wichtig seien, irrt sie.

Nährboden für Populisten

In einem Land, in dem der Bürger es gewohnt ist, dass der öffentliche Dienst reibungslos funktioniert, erzeugen immer neue Missstände ein großes Unbehagen. Einen schweren Vertrauensverlust verspüren erst recht die Bediensteten, die sich damit direkt konfrontiert sehen. Damit nicht extrem denkenden Gruppierungen diese Situation für ihre Zwecke ausnutzen, muss gehandelt werden. Die Landesregierung kann nicht allen Beschäftigtengruppen von allem immer mehr versprechen. Dies würde die Gemeinschaft am Ende finanziell überfordern. Doch geht es hier weniger um höhere Einkommen als vielmehr um angemessene Arbeitsbedingungen. So muss die Regierung eine Politik betreiben, die sich weniger am Haushalts-Kleinklein, sondern mehr an den großen Herausforderungen dieser Gesellschaft bemisst.