An diesem Donnerstag schickt das ZDF den „Bergdoktor“ in elfter Staffel auf Sendung. Und wenn Dr. Martin Gruber Sprechstunde hält, werden wieder bis zu sieben Millionen Menschen einschalten. Fünf Gründe, warum das so ist.

Stuttgart - Kein Witz. Drei Abende lang und für 25 Euro lädt die katholische Familienbildungsstätte Wuppertal dieser Tage zum Thema „Faszination ‚Bergdoktor‘“ ein. Die Einladung lockt: „Was fasziniert so am ‚Bergdoktor‘? Die permanenten Beziehungsprobleme der Hauptpersonen, das genial gespielte Unvermögen, richtig kommunizieren zu können? Oder sind es die Berge? Wir müssen darüber reden: über Martin Gruber und Bruder Hans und deren misslingende Beziehungen und zugleich nicht zerrüttbare Familie, über die Anziehungskraft der Berge und über den Esstisch als Familienmittelpunkt der Familie Gruber und das, was aufgetischt wird.“ Die Geschichten rund um Dr. Martin Gruber (Hans Sigl) sind also längst nicht mehr nur irgendeine Fernsehserie. Als bunte Pille aus Unterhaltung, Lebenshilfe und Therapeutikum macht „Der Bergdoktor“ zunehmend auch junge Zuschauer süchtig. Fünf Gründe für den Erfolg fallen uns sofort ein.

 

Die DNA

Der Erfinder von Ecstasy glaubte, dass die Designerdroge als „Penicillin für die Seele“ wirken könne und rührte dafür ziemlich viele Substanzen zusammen. Das ganz ungefährliche und echte „Penicillin für die Seele“ besteht dagegen ganz simpel aus der DNA der beliebtesten deutschen TV-Serie, der „Schwarzwaldklinik“, gekreuzt mit dem Erbgut des liebsten Genres der Deutschen, des Heimatfilms – quasi Deutschlands Weißkittel Nummer eins, Professor Klaus Brinkmann, in der „weißen Hölle vom Piz Palü“. Gewürzt wird die Mischung mit dem mythologisch aufgeladenen Zwei-Brüder-Motiv à la Kain und Abel oder Romulus und Remus. Dr. Martin Gruber und sein Bruder Hans können ein Lied davon jodeln. Und jetzt, in der neuen Staffel, taucht noch ein weiterer Bruder auf: der ihres toten Vaters.

Sehen Sie hier den Trailer zu 11. Staffel:

Die Moderne

Damit die Handlung nicht altbacken zwischen schneidigen Jägern, rebellischen Bauerntöchtern, weisen alten Knechten, exotischen Stadtmenschen, Konflikten unter Jägern und Wilderern und unglücklicher Liebe zwischen Hoferbe und Magd dahindümpelt, wurde für den neuen Heimatfilm nicht jede typische Szenerie der alten Kinoschinken übernommen. Nur jede zweite. Rebellische Bauerntöchter und unglückliche Lieben beispielsweise. Und natürlich beginnen die einzelnen Folgen nicht mit Jodeln in der Tracht, sondern mit dem Popsong „Patience“ der Boyband Take That. Außerdem hat Dr. Martin Gruber wechselnde Liebschaften und ein uneheliches Kind.

Der Arzt

Zu behaupten, für den Österreicher Hans Sigl alias Dr. Martin Gruber müsse eine neue Berufsbezeichnung eingeführt werden, ist nur eine kleine Übertreibung. Er ist Überarzt. Er kennt sich aus mit sämtlichen Wehwehchen, die im Tiroler Ellmau oft exotische Formen annehmen, hat er sich vor seiner Rückkehr in die alte Heimat doch viele Jahre durch den harten Klinikalltag in Amerika gekämpft. Er muss drüben in den Staaten viel mit Dr. House auf Visite gewesen sein – so gut kennt er sich in den Innereien aus. Man kann auch nicht verschweigen, dass Dr. Gruber ein wahrer Übermann ist. Wäre er der Deutschen liebstes Haustier, käme er wohl als imposanter Mischling aus Dobermann und Bernhardiner daher – obendrein mit Dackelblick.

Der Berg

Für Bergwanderfreunde bietet der kernige zweite Hauptdarsteller neben Dr. Gruber, der Wilde Kaiser, einen 45-minütigen Trip, der sich bequem vom Sofa aus und ohne Anstrengung unternehmen lässt. Dem Himmel so nah. Schöner werden die Naturaufnahmen nur, wenn die Wolken in beschleunigter Langzeitaufnahme über dem Wilden Kaiser tanzen.

Das Glück

Wer sich die ganzen abhängig machenden Staffeln dieser Serie im Online-Kaufhaus bestellt, hinterlässt dort manchmal einen Kommentar. Der klingt gern so, als habe der Käufer anstelle des „Bergdoktors“ eine Yoga-DVD erstanden. Synonyme wie „relaxen“, „entspannen“, „erholsame Flucht aus dem Alltag“ wiederholen sich da. Dr. Gruber selbst kann auch hier die beste Diagnose stellen: „Die Leute möchten einfach normale Geschichten ohne Tote sehen. Es gibt so viele Krimis, überall wird gemordet. Wir erzählen auch dramatische Krankheitsgeschichten, aber es geht nicht um Gewaltverbrechen. Spannende Geschichten kommen auch sehr gut ohne Knalleffekte aus.“