Janine Wissler fordert, dass die Verfolgung wegen Kriegsdienstverweigerung als Asylgrund ins Gesetz aufgenommen wird. Auch bei den Ostermärschen steht der Ukraine-Krieg im Zentrum. In mehr als 60 Städten sind Aktionen geplant.

Die Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, hat im Gespräch mit unserer Zeitung die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung als Asylgrund gefordert. „Von Inhaftierung über Folter bis hin zur Todesstrafe drohen denen, die den Mut haben, sich dem Töten zu verweigern, alle Arten von Gewalt und Verfolgung, unter denen auch aus anderen Gründen Verfolgte leiden“, sagte Wissler. „Die Bundesregierung verurteilt Kriegsverbrechen in anderen Ländern. Doch wenn Menschen, die wirklich einen Beitrag dagegen leisten, indem sie sich unter Gefahr für Leib und Leben der Beteiligung an dem Morden verweigern, bei uns Schutz suchen, werden sie abgewiesen. Kriegsdienstverweigerung ist in Deutschland nicht als Asylgrund anerkannt. Das muss sich ändern.“

 

Linke-Chefin beklagt „Doppelmoral“

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine nannte es die Linke-Chefin „ein Höchstmaß an Doppelmoral“, die Gewaltausübung einer Armee zu verurteilen, „aber den Mutigen, die sich dem Töten verweigern und dafür verfolgt werden, Schutz zu verweigern“. Im Endeffekt zwinge man damit Menschen, „an ebenden Verbrechen teilzunehmen“, erklärte Wissler.

Sie nannte es einen „großen Dienst am Frieden, Menschen zu unterstützen, wenn sie die Waffen niederlegen“. Menschen, die wegen Gewaltfreiheit verfolgt werden, müsse „Hilfe in der Not“ geleistet werden, betonte die Vorsitzende der Linkspartei. „Wie es bei uns ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gibt, muss es auch ein Asylrecht bei Verfolgung wegen Kriegsdienstverweigerung geben“, erklärte sie. „Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung muss ohne Wenn und Aber anerkannt und geschützt werden. Bei Menschen in Deutschland und bei Menschen, die bei uns Schutz suchen“, sagte Wissler unserer Zeitung.

Das Problem wird in der deutschen Politik seit längerer Zeit diskutiert. Das Bundesministerium des Innern hatte bereits im Mai 2022 dem Innenausschuss des Deutschen Bundestags einen Bericht vorgelegt, in dem es heißt: „Bei glaubhaft gemachter Desertion eines russischen Asylantragstellenden kann für den Fall seiner Rückkehr in die Russische Föderation derzeit in der Regel von drohenden Verfolgungshandlungen (§ 3a Asylgesetz) ausgegangen werden.“

Sowohl in Russland als auch in der Ukraine ist das Recht auf Kriegsdienstverweigerung derzeit ausgesetzt. Im Februar hatte das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage des Bayerischen Rundfunks geantwortet: „Diejenigen, die in die Armee eingezogen werden sollen und den Kriegsdienst verweigern, können (. . .) Asyl beantragen. Für diese Personengruppe wird die Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aktuell überprüft. Sie wird in Abhängigkeit von dem Ergebnis der Prüfung gegebenenfalls angepasst.“ Die Behörde habe seine Entscheidungspraxis „nach Kriegsbeginn angepasst“. Doch bleibe „die Erteilung von Asyl eine Einzelfallentscheidung“.

Ukraine-Krieg prägt Ostermärsche

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine prägt auch die traditionellen Ostermärsche der Friedensbewegung. Im Zentrum vieler Aktionen steht die Forderung, die Bundesregierung müsse sich stärker für Friedensverhandlungen einsetzen. „Jeder weitere Tag des Krieges bedeutet mehr Tote und Verletzte. Die Bundesregierung muss endlich aktiv werden und alles in ihrer Macht Stehende tun, damit es zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen kommt“, sagte Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative. Getragen werden die Ostermärsche von regionalen Friedensgruppen, Gewerkschaften und Parteien wie der Linke. Mehr als 120 Aktionen sind nach deren Angaben von Gründonnerstag bis Ostermontag in über 60 Städten geplant.

Golla wies auch darauf hin, dass die Ostermarschierer in diesem Jahr mit dem Problem von „Trittbrettfahrern“ zu kämpfen hätten. So planten Corona-Leugner Veranstaltungen und versuchten, von der Friedensbewegung zu profitieren. „Der Ostermarsch ist klassisch Friedensbewegung“, sagte er.