Jedes Jahr veröffentlicht das britische Kunstmagazin „ArtReview“ eine Liste der Mächtigsten im internationalen Kunstbetrieb. Erstmals ist dieses Jahr eine gesellschaftliche Bewegung dabei – und auch noch weit vorne: Metoo. Die Liste „Power 100“ wird zum politischen Statement.

London - Die weltweite Metoo-Bewegung erschüttert das Machtgefüge in der Kunstwelt. Die Kampagne gegen sexuelle Übergriffe landete in diesem Jahr aus dem Stand auf Platz drei des Kunstrankings „Power 100“. Jedes Jahr veröffentlicht das britische Magazin „ArtReview“ diese Liste der einflussreichsten Figuren im internationalen Kunstbetrieb. Erstmals kommt mit Metoo nun eine gesellschaftliche Bewegung vor. „Ich denke, sie wäre nicht so mächtig, wenn sie nicht gebraucht würde“, sagte „ArtReview“-Herausgeber Mark Rappolt der Deutschen Presse-Agentur.

 

Die durch die Affäre um den Hollywood-Filmproduzenten Harvey Weinstein ausgelöste Bewegung hat auch im internationalen Kunstbetrieb zu Sexismus-Enthüllungen und Rücktritten geführt. Metoo entfachte in vielen Museen eine Debatte, welche Kunst noch gezeigt werden darf.

Neue Stimmen werden hörbar

Anführer der „Power 100“ ist 2018 der deutsche Mega-Galerist David Zwirner mit seinen Dependancen in New York, London und Hong Kong. Er belegt seit Jahren Plätze in der Spitzengruppe der „Power 100“. Von Rang 68 auf Platz zwei schoss der in den USA gefeierte Künstler Kerry James Marshall. Er setzt sich kritisch mit den historischen Erfahrungen von Afroamerikanern in den USA auseinander.

„Die diesjährige Liste reflektiert die Idee, dass Kunstgeschichte viel komplizierter ist als sie allgemein präsentiert wird“, sagte Rappolt. Das Ranking zeige auch den Wunsch, neue Stimmen in der Kunst zu hören, die vom Diskurs bisher ausgeschlossen waren.

Ai Weiwei steigt auf

Die deutsche Videokünstlerin Hito Steyerl, die 2017 Platz eins der „Power 100“ belegte, rutschte auf Rang 4. Adam Szymczyk, künstlerischer Leiter der documenta 14 im vergangenen Jahr, stürzte von Platz vier auf Rang 58 ab. Der chinesische regimekritische Künstler Ai Weiwei kletterte von Platz 13 auf Rang fünf. Auch die Schweizer Galeristen Iwan & Manuela Wirth (6) und der Schweizer Kurator Hans Ulrich Obrist (7) gehören wieder zu den Top Ten der Kunst.

Die „Power 100“ werden von einer 30-köpfigen anonymen Jury erstellt und basieren laut „ArtReview“ auf einer fundierten Analyse der Machtverhältnisse in der zeitgenössischen Kunstwelt. Aufgenommen in die in der Kunstszene ebenso umstrittene wie aufmerksam verfolgte Rangliste werden Künstler, Galeristen, Kuratoren, Museumsdirektoren, Sammler und Kunsttheoretiker.

Die 10 Spitzenreiter

Auf den ersten zehn Plätzen stehen 2018 (in Klammern Vorjahresplatzierung):

1 David Zwirner, deutscher Galerist in New York (5)

2 Kerry James Marshall, afroamerikanischer Maler (68).

3 #MeToo, weltweite Bewegung gegen sexuelle Übergriffe (neu)

4 Hito Steyerl, deutsche Videokünstlerin (1)

5 Ai Weiwei, chinesischer regimekritischer Künstler (13)

6 Iwan & Manuela Wirth, Schweizer Galeristen (7)

7 Hans Ulrich Obrist, Schweizer Kurator (6)

8 Thelma Golden, Direktorin des Studio Museums in Harlem (8)

9 Eyal Weizman, Direktor des Londoner Recherchekollektivs Forensic Architecture (94)

10 Fred Moten, afroamerikanischer Dichter und Kulturtheoretiker (neu)