Seit Jahren steigen die Kraftstoffpreise kontinuierlich. Viele Spediteure beteiligen ihre Kunden am Preisanstieg. Auch die Endverbraucher werden nicht geschont.

Stuttgart - Der Aufschrei der Speditionsunternehmen angesichts der steil nach oben gehenden Dieselpreise ist gar nicht so laut, wie man es von der wettbewerbsintensiven Branche gewohnt ist. Zwar warnen einzelne Verbandsvertreter vor Pleiten und Arbeitsplatzabbau vor allem bei kleinen Transportunternehmen. Aber größere Betriebe und auch der wichtigste Branchenverband im Südwesten, der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL), zeichnen ein differenziertes Bild der Lage in ihrem Gewerbe.

 

„Man muss unterscheiden“, sagt Andrea Marongiu, der Geschäftsführer des VSL: „Unternehmen, die frühzeitig Dieselpreisklauseln mit ihren Kunden vereinbart haben, können sich relativ entspannt zurücklehnen.“ In den Verträgen sei festgelegt, dass die Auftraggeber in einem bestimmten Umfang Preiserhöhungen und -rückgänge beim Sprit mittragen – allerdings nicht vollständig. Als fair gilt in Fachkreisen eine Beteiligung von 50 Prozent am Preisaufschlag in einem fest definierten Zeitraum. Wichtig sei, dass die Kalkulation transparent sei und die Spedition die Treibstoffkosten nicht zu hoch ansetze. Der preisrelevante Prozentsatz sei von Kunde zu Kunde unterschiedlich, heißt es bei dem Besigheimer Logistikunternehmen Müller, die lila Logistik. In der Praxis variiert das Intervall, in dem die Preise überprüft werden, zwischen einem und drei Monaten. Als Basis dienen etwa die Preisangaben des Statistischen Bundesamtes.

Es sei nicht einfach, mit den Kunden diese sogenannten Dieselfloater zu vereinbaren, sagt Gerhard Diehl, Chef der Esslinger Spedition Diehl. Es könne aber nicht angehen, dass die „gewaltigen Kostenerhöhungen“ nur auf dem Rücken der Spediteure abgeladen werden. Im Durchschnitt, erläutert Verbandsgeschäftsführer Marongiu, machten die Treibstoffkosten in der Branche 30 Prozent der Gesamtkosten aus. Hinzu komme, dass das Speditionsgewerbe nach dem Einzelhandel die Branche sei, in der am knappsten kalkuliert werde. „Bei den reinen Transportfirmen liegen die Margen zwischen einem und drei Prozent“, sagt Marongiu. Anders sieht dies bei Unternehmen aus, die neben den reinen Lkw-Fahrten auch andere Logistikdienstleistungen wie Lagerung übernehmen.

Seit 2005 beträgt die Preissteigerung 35 Prozent

Anbieter, die keine Dieselpreisgleitklauseln in ihre Frachtverträge hineingeschrieben haben, können die Mehrkosten nicht einfach auf die Kunden abwälzen. Am schlimmsten sind nach Darstellung des VSL die Speditionen dran, die Festpreise vereinbart haben: „Die tun sich jetzt natürlich schwer“, so der Geschäftsführer.

Doch letztlich, das sagt auch der Branchenvertreter unumwunden, tragen alle – Spediteure, Hersteller, Händler und Verbraucher – die Preisexplosion. Marongiu: „Auf jeder Stufe bleibt etwas hängen, jeder versucht, einen Teil wegzudrücken.“ Je länger die Teuerungsphase anhalte, desto mehr bekämen dies auch die Konsumenten zu spüren.

Nach Angaben des Deutschen Speditions- und Logistikverbands sind die Kraftstoffpreise im Januar gegenüber dem Vormonat um 3,6 Prozent gestiegen. Im Jahresvergleich ergebe sich ein Plus von 10,6 Prozent. Seit 2005 beträgt die Preissteigerung sogar 35 Prozent. Inklusive Umsatzsteuer zahlen Großverbraucher rund 1,40 Euro je Liter Diesel.

Wegen der Spannungen im Nahen Osten war der Ölpreis auch am Montag hoch. Die Nordseesorte Brent und das US-Öl WTI verbilligten sich nur leicht auf 124,65 Dollar je Barrel beziehungsweise 109,36 Dollar. Analysten erwarten einen weiteren Anstieg. Rohöl ist 2011 so teuer gewesen wie nie. Deutsche Unternehmen mussten im Jahresdurchschnitt 583 Euro je importierte Tonne zahlen. Damit wurde der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2008 (506 Euro je Tonne) deutlich überschritten. Das teilte das Statistische Bundesamt mit. 2010 hatte eine Tonne importierten Erdöls durchschnittlich 435 Euro gekostet.