Die Autohändler in Baden-Württemberg rechnen 2019 mit einer Flaute im Geschäft mit Neuwagen. Warum der Verbandschef Michael Ziegler Firmenpleiten und einen stärkeren Wertverfall von Dieselautos befürchtet.

Stuttgart - Das baden-württembergische Kraftfahrzeuggewerbe stellt sich nach einem turbulenten Jahr auf weiter schwierige Zeiten ein. Im Neuwagengeschäft sieht Verbandspräsident Michael Ziegler 2019 kaum Wachstumschancen. „Wir gehen davon aus, dass die Diskussion über den Diesel und die Zukunft des Verbrennungsmotors die Kunden weiter verunsichert, sodass es eine gewisse Zurückhaltung bei den Kaufentscheidungen geben dürfte“, sagte der Chef des Landesverbands unserer Zeitung. „Optimistisch betrachtet gehen wir in Baden-Württemberg von Neuzulassungen auf dem Vorjahresniveau aus“, so Ziegler, der Mitglied der Geschäftsleitung der Emil-Frey-Gruppe ist, zu der unter anderem die Stuttgarter Schwabengarage gehört. Auch für 2018 rechnet Ziegler insgesamt mit einer Stagnation der Pkw-Neuzulassungen bei rund 472 700 Fahrzeugen oder bestenfalls mit einem sehr geringen Zuwachs.

 

Die Wachstumsphase ist wohl vorbei

Damit zeichnet sich das Ende einer mehrjährigen Wachstumsphase ab. Seit 2013 war es im Neuwagengeschäft stetig bergauf gegangen. Nach einem guten Start ins Jahr 2018 hatte die Umstellung auf das neue, schärfere Abgas-Prüfverfahren WLTP dazu geführt, dass Hersteller und Händler bis September noch möglichst viele Autos nach dem bisherigen Prüfverfahren NEFZ zugelassen haben – zum Teil mit hohen Rabatten oder auf eigene Rechnung etwa als Vorführwagen. In den Monaten darauf folgte eine steile Talfahrt, weil Genehmigungen nach dem seit September geltenden neuen Prüfstandard fehlten. „Das WLTP-Problem wird sich bis ins nächste Jahr hinein ziehen“, meinte Ziegler.

Kritik übte der Verbandspräsident an den Prämien für den Eintausch eines alten Dieselautos gegen einen Neuwagen, die für eine möglichst rasche Verbesserung der Luft in den belasteten Innenstädten sorgen sollen. „Die Diesel-Wechselprämien sind für viele Kunden sehr verwirrend“, sagte Ziegler. Die Prämien seien sehr unterschiedlich gestaltet mit einer Bandbreite von 1500 bis zu 10 000 Euro. Einige kämen ausschließlich vom Hersteller, bei anderen beteiligten sich die Händler. Manche gebe es zusätzlich zu den Verkaufsprämien, meist würden sie jedoch verrechnet. „Die Landschaft dieser Prämienregelungen ist so undurchsichtig, dass es manchmal sogar für den Händler ein Problem darstellt. Für viele Kunden reicht die Prämie nicht aus, um sich einen Neuwagen leisten zu können, sodass der gewünschte Volumeneffekt bei den meisten Marken nicht eingetroffen ist“, so das ernüchternde Fazit von Ziegler.

Werkstätten geraten durch Fahrverbote unter Druck

Eine zunehmende Brisanz entfaltet nach seiner Einschätzung die Abkehr der Käufer vom Diesel sowie der zunehmende Wertverfall der Selbstzünder. Besonders zu kämpfen haben dabei die Kfz-Betriebe in Stuttgart, wo Fahrverbote eingeführt werden. In Stuttgart gibt es etwa 120 Kfz-Betriebe mit rund 2000 Mitarbeitern. Insgesamt vertritt der Verband fast 4300 Betriebe mit 53 000 Beschäftigten.

Die Renditen liegen laut Ziegler im Kfz-Gewerbe im Schnitt nur bei ein bis zwei Prozent, wobei die Gewinne in erster Linie im Werkstattgeschäft erwirtschaftet würden. „Wenn die Euro-4-Diesel nicht mehr zu den Werkstätten fahren dürfen, fehlt in den Stuttgarter Betrieben etwa zehn bis 15 Prozent des Werkstattgeschäfts“, so der Verbandschef. Ziegler geht davon aus, dass spätestens Anfang 2020 auch die Euro-5-Autos nicht mehr in die Stadt fahren dürfen, womit noch einmal zehn bis 15 Prozent des Werkstattgeschäfts wegfallen würden.

Hinzu komme, dass Dieselautos durch das Fahrverbot weiter ein Wert verlieren. Der Gebrauchtwagenbestand müsse weiter abgewertet werden, weil die Autos schlechter verkauft werden könnten – dies treffe nicht nur Städte mit drohenden Fahrverboten, sondern alle Regionen. Gebrauchte Dieselautos haben laut Ziegler heute schon in Deutschland eine Standzeit von etwa 100 Tagen, bis sie weiterverkauft werden könnten. Ein betriebswirtschaftlich gesunder Sollwert liege bei 60 Tagen. Jeden Tag verliere so ein Auto, das auf dem Hof stehe, zwischen 25 und 30 Euro.

Die Ertragslage hat sich verschlechtert

Zusätzliche Belastungen sieht der Spitzenvertreter des baden-württembergischen Kfz-Gewerbes durch Leasingrückläufer, die nicht mehr zu den vor drei Jahren bei Vertragsabschluss kalkulierten Preisen weiterverkauft werden könnten. Erschwerend komme hinzu, dass durch die Dieseldebatte auch moderne Diesel der Norm Euro 6 an Wert verlieren. Die Nachfrage lasse nach, es werde schwieriger, diese Autos zu vermarkten. „Die Kunden sind verunsichert, sie wissen nicht genau, ob sie es riskieren können, einen Euro-6-Diesel zu kaufen“, sagte Ziegler.

„Das sind Auswirkungen, die den Handel hart und unmittelbar treffen und derzeit noch gar nicht erkennbar sind, weil die Bilanzen für 2018 erst im nächsten Frühjahr oder im ersten Halbjahr erstellt werden. Insgesamt rechne ich mit einer deutlichen finanziellen Belastung der Kfz-Betriebe, die auch zu Insolvenzen führen kann“, so Ziegler. Die Margen hätten sich schon 2017 verschlechtert. Im laufenden Jahr haben die Insolvenzen im Südwesten bei den Kraftfahrzeugbetrieben mit Fahrzeughandel bis Oktober um fast 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen, bei reinen Kfz-Servicebetrieben sind sie dagegen zurückgegangen.