Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon prägte die Kommunalpolitik, ähnlich wie Parteifreund Winfried Kretschmann auf Landesebene - durch konservative Politik. Das könnte ihm jetzt zum Verhängnis werden.

Freiburg - Dieter Salomon, Stadtoberhaupt in Freiburg, galt den Grünen lange als Hoffnungsträger. Der erste grüne Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt diente der 1980 gegründeten Öko-Partei als Beleg, dass sie auch in Rathäusern und Kommunalparlamenten angekommen, verankert und regierungsfähig ist. Salomons Wahl vor 16 Jahren zum Freiburger Oberbürgermeister fand überregional Beachtung. Doch nun muss der Grünen-Politiker um sein Amt kämpfen, ein politischer Newcomer hat ihn überholt. Salomon droht am Sonntag die Abwahl.

 

„Inhaltlich ist mir nichts vorzuwerfen“, sagt der 57-Jährige, der momentan die letzten Tage seines Wahlkampfs absolviert. Es ist ein „Last-Minute-Wahlkampf“, wie Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung in Freiburg sagt. War sich Salomon seiner Wiederwahl schon früh sicher, muss er nun um Sieg und Amt kämpfen.

Trend gegen das Establishment

Wieso er plötzlich starken Gegenwind habe, lasse sich politisch nicht so leicht greifen, sagt Salomon. Es gehe, vermutet er, um „Stilfragen und Befindlichkeiten“. Zudem gebe es, wie überall, einen Trend gegen das Establishment, also die etablierte Elite.

Kritiker sagen, Salomon sei abgehoben und regiere selbstherrlich. Verluste musste er im ersten Wahlgang am 22. April vor allem in den Grünen-Hochburgen der als linksliberal geltenden Kommune hinnehmen, die wegen der vielen Studenten mit einem Durchschnittsalter der Einwohner von 39,8 Jahren die jüngste Stadt Deutschlands ist.

In der Bilanz blieben dem grünen Rathauschef, der dem realpolitischen Flügel seiner Partei angehört, im ersten Wahlgang 31,3 Prozent und somit Platz zwei. An die Spitze kam mit 34,7 Prozent überraschend der von der SPD unterstützte Kandidat Martin Horn (33) aus Sindelfingen - ein politischer Neuling, der in Freiburg bis zu seinem Wahlkampfstart Anfang Januar unbekannt war. Hinter Salomon platzierte sich mit 26,2 Prozent die linke, parteilose Kandidatin Monika Stein (48), die vor allem in grünen Wahlbezirken Stimmen holte.

Dieses Trio geht nun am Sonntag erneut ins Rennen. Wer die meisten Stimmen hat, gewinnt. Ein parteiloser vierter Bewerber tritt zwar an, ruft inzwischen aber zur Wahl des SPD-Kandidaten Horn auf.

Kretschmann eilt zur Hilfe

Salomon, der vor seiner Wahl 2002 im Südwesten in der Landespolitik aktiv war, machte anfangs weitgehend für sich alleine Wahlkampf und hoffte auf den Amtsbonus. Ihm eilen nun Grüne und CDU zur Hilfe. „Salomon hat die Stadt Freiburg voran gebracht. Er verdient alle Unterstützung - selbstverständlich auch meine“, sagt Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), ein langjähriger Freund Salomons, der nun Wahlkampf für ihn macht. Beide ticken politisch ähnlich. Sie verbindet, dass sie gegenüber den Grünen gerne ihre Eigenständigkeit betonen. Und dass sie eine Politik machten, die auch Konservative bediene, sagt der Freiburger Politikwissenschaftler Ulrich Eith.

SPD-Kandidat Horn setzt auf Sozialpolitik und Wechselstimmung. In der am schnellsten wachsenden Stadt Baden-Württembergs mit ihren rund 230 000 Einwohnern trifft er damit einen Nerv. Fehlender Wohnraum sowie stark steigende Mieten und Immobilienpreise sind seine Hauptthemen. Salomon sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, er habe diese Themen vernachlässigt. Sollte Horn gewählt werden, wäre er nach Angaben der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) einer der jüngsten Oberbürgermeister in Deutschland.

Werde er in Freiburg scheitern, ziehe es ihn nicht zurück in die Landespolitik, versichert Salomon. Er werde dann in den Ruhestand gehen. Aber noch, sagt er, „ist die Sache nicht gelaufen“.