Immer mehr Standorte von Geldhäusern verschwinden von der Bildfläche – auch auf den Fildern. Die Corona-Krise ist offenbar nicht der Grund für diesen Wandel, aber sie hat ihn sichtbar beschleunigt.

Filder - Die Commerzbank in Echterdingen wurde im ersten Lockdown der Corona-Pandemie geschlossen und danach nicht wieder geöffnet. Die Volksbank in Leinfelden schließt zum Jahresende – dort ist nicht die Pandemie der Grund, sondern der Verkauf des Gebäudes. Seit August werden Kunden in der Volksbank in Heumaden nur noch mit Termin persönlich beraten. Bei der BW-Bank sind noch immer rund 15 Filialen zu, die im Lockdown im Frühjahr geschlossen worden sind. Wann und ob diese wieder öffnen, teilt die Bank bisher nicht mit.

 

Man könnte meinen, dass die Corona-Pandemie eine Bankfiliale nach der anderen verschluckt. Um mit einem Berater zu sprechen, müssen Kunden immer häufiger Termine ausmachen oder in eine Filiale gehen, die unter Umständen weit weg ist. Das liegt laut den Banken aber – zumindest größtenteils – nicht an der Corona-Krise. „Vielmehr stellen wir seit mehreren Jahren fest, dass sich das Verhalten der Bankkunden ändert“, sagt Robert Hägelen, ein Sprecher der Volksbank Stuttgart.

So erledigen viele Kunden ihre Bankgeschäfte immer häufiger online und sind damit unabhängig von den Öffnungszeiten der Bank. Gerade in den vergangenen Monaten verstärkte sich dieser Trend laut der BW-Bank. „Das Online-Banking der BW-Bank wird rund zwei Millionen Mal pro Monat angeklickt, monatlich werden knapp eine Million Überweisungen online aufgegeben“, sagt der Sprecher Alexander Braun. Seit Beginn der Corona-Pandemie steige die Zahl der monatlichen Neuanmeldungen für das Online-Banking kontinuierlich. „Für das Gesamtjahr rechnen wir mit einer Verdoppelung der neu abgeschlossenen Online-Banking-Vereinbarungen im Vergleich zum Vorjahr“, erklärt Braun.

Digitalisierungsschub seit der Corona-Krise

Die Commerzbank spricht ebenfalls von einem Digitalisierungsschub seit der Corona-Krise. Ihre Banking-App habe mittlerweile 1,6 Millionen aktive Nutzer – so viele wie nie zuvor.

Auch das Bezahlverhalten der Kunden hat sich in diesem Jahr verändert. Alexander Braun von der BW-Bank spricht von einem massiv verstärkten Trend zum bargeldlosen Zahlen. „Die Anzahl der Girocard-Transaktionen ist seit Beginn der Pandemie um rund 50 Prozent gestiegen“, sagt er. Eine Umfrage der Commerzbank ergab, dass 40 Prozent der Baden-Württemberger häufiger zur Giro- oder Kreditkarte greifen als vor der Pandemie. 23 Prozent bezahlen sogar mit dem Smartphone oder einer Fitnessuhr.

Der Bedarf an Bargeld scheint in diesem Jahr also gesunken zu sein. Gleichzeitig kann fast jeder online Geld überweisen und seinen Kontostand einsehen. Dennoch sind sich die Banken einig: Persönliche Beratung ist auch künftig unverzichtbar. „Die Kunden schätzen die Flexibilität des Online-Bankings, zugleich ist ihnen eine gute Beratung bei Geldanlage und Kredit, etwa für den Hausbau, wichtig“, sagt Robert Hägelen von der Volksbank Stuttgart. Bei der BW-Bank habe sich deutlich gezeigt, dass ein Service- und Beratungsbedarf auf Seiten der Kunden da sei. „Nach Ende des ersten Lockdowns im Frühjahr kam es insgesamt zu einem deutlich erhöhten Filialbesuch, was wir als ‚Nachholeffekt‘ sehen“, sagt der Sprecher Alexander Braun.

Immer mehr Bankfilialen werden geschlossen

Dennoch ist zu beobachten, wie immer mehr Bankfilialen dicht machen. Die Commerzbank schließt voraussichtlich bis Jahresende bundesweit 200 ihrer 1000 Filialen; die Volksbank Stuttgart hat allein in diesem Jahr drei Filialen in Berater- und drei in Selbstbedienungsstandorte umgewandelt. „Wir passen unser Filialnetz permanent an die Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden an“, sagt Robert Hägelen von der Volksbank Stuttgart. Das Unternehmen sieht viele Dienstleistungen nicht mehr an Filialen gebunden, da sie online oder telefonisch abgewickelt werden können. Dennoch möchte die Volksbank „weiterhin mit einem gut verzweigten Filialnetz in der Region Stuttgart“ vertreten sein. Dieses werde sich künftig aber weiter ausdifferenzieren. Sprich, je nach Bedarf und Standort wird es Filialen mit vollem Service geben, reine Beratungsfilialen oder Selbstbedienungsstandorte.

So konkret äußert die BW-Bank ihre Vorstellungen noch nicht. Alexander Braun spricht davon, dass die Bank das veränderte Kundenverhalten zum Anlass nimmt, „unsere Filialstrategie zu überprüfen. Dabei wird die Bank bei ihren Entscheidungen stark darauf achten, dass sie auch künftig über ein angemessenes Standortnetz verfügt und ihre Kunden leistungsstark und ganzheitlich betreut“.