Die Nutzung der Visa Card bleibt für Kunden der Direktbank kostenlos. Die Girocard bekommt zunehmend Konkurrenz – zum Leidwesen des Handels.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Direktbank ING Deutschland führt im März 2022 eine Monatsgebühr von 99 Cent für die Nutzung der bislang kostenlosen Girocard (EC-Karte) ein. Das geht aus dem neuen Preis- und Leistungsverzeichnis der Bank hervor, zuerst hatte der Branchendienst finanz-szene.de berichtet. Kunden der Bank könnten die Girocard ab Dezember kündigen und allein ihre weiterhin kostenlose Visa Card nutzen, erklärte ein Banksprecher. Informationen dazu würden „in den nächsten Tagen“ versandt.

 

Die Einführung von Gebühren für die Girocard begründete der Sprecher damit, dass die meisten Kontoinhaber ohnehin hauptsächlich ihre Visa Card verwendeten. Zudem sei diese weltweit einsetzbar, auch beim Online-Shopping – hier wird die Girocard oft nicht akzeptiert. Die Nutzung der meisten Geldautomaten in der Eurozone ist für ING-Kunden mit der Visa-Karte kostenlos, sofern sie einen Mindestbetrag von 50 Euro abheben. Beim Geldabheben mit der Girocard fallen dagegen meistens Gebühren an, weil die Direktbank wenige eigene Geldautomaten aufgestellt hat.

Für Händler ist die Girocard günstiger

Auch werden Visa- und Mastercards mittlerweile in den meisten Geschäften als Zahlungsmittel angenommen, wie der Handelsverband HDE auf Anfrage mitteilte. Noch immer gibt es allerdings kleine Läden, die nur Zahlungen mit der Girocard akzeptieren. Das liegt daran, dass Zahlungen mit anderen Karten für die Händler mit höheren Gebühren verbunden sind.

„Die Girocard ist für den Handel regelmäßig mit einem Autorisierungsentgelt von etwa 0,2 Prozent des Umsatzes verbunden“, erklärte der für den Zahlungsverkehr zuständige HDE-Abteilungsleiter Ulrich Binnebößel. Mastercard und Visa berechneten zusätzlich weitere Gebühren. „Für kleine Händler – die nicht in der Lage sind, Konditionen zu verhandeln – fallen damit Gebühren von bis zu einem Prozent und mehr an“, so Binnebößel. Der Einzelhandel beobachtet deshalb die zunehmende Verbreitung von Karten der globalen Anbieter mit Sorge.

Andere Direktbanken verfahren ähnlich

Vor ING Deutschland hatten bereits andere Direktbanken angekündigt, in Zukunft vor allem auf die Visa Card zu setzen: Bei der Consorsbank kostet die optional hinzubuchbare Girocard für Neukunden schon seit Ende März einen Euro pro Monat. Die DKB stattet neue Kunden nur noch mit Visa Cards aus. Bestandskunden können – anders als bei der ING – ihre vorhandene Girocard weiter kostenlos nutzen. Allerdings müssen sie ihre bisherige Kreditkarte von Visa gegen eine sogenannte Visa-Debitkarte tauschen. Wer die Kreditkarte behalten will, muss dafür künftig eine Monatsgebühr von 2,49 Euro zahlen.

Auch bei den kostenlosen Visa Cards der anderen Direktbanken handelt es sich um Debitkarten. Der wichtigste Unterschied zur Kreditkarte besteht darin, dass Zahlungen mit der Debitkarte sofort vom Konto abgebucht werden.

Zahlungen in Geschäften, Online-Käufe oder Flug- und Hotelbuchungen sind laut DKB in der Regel auch mit der Debitkarte problemlos möglich. „Vereinzelt kann es vorkommen, dass Händler eine Debitkarte ablehnen“, räumt die Bank aber ein. Dazu zählen zum Beispiel einige Anbieter von Mietwagen.

Neue Girocards ab Mitte 2023 ohne Maestro-Funktion

Während Visa bei den Direktbanken auf dem Vormarsch ist, versucht Mastercard auf anderem Weg, die marktbeherrschende Stellung der Girocard in Deutschland anzugreifen: Bislang sind die meisten Girocards mit der Maestro-Funktion des US-Unternehmens verknüpft, weshalb sie auch für Zahlungen im Ausland eingesetzt werden können. Diese Funktion will Mastercard ab 1. Juli 2023 aber nicht mehr anbieten. Maestro-Karten, die ab diesem Termin auslaufen oder beschädigt werden, werden durch andere Karten aus dem Hause Mastercard ersetzt.

Die Deutsche Kreditwirtschaft als Trägerin der Girocard bemüht sich bereits um Abhilfe: Zusammen mit Banken aus anderen EU-Ländern will sie eine Karte entwickeln, die im gesamten europäischen Binnenmarkt und auch für Online-Zahlungen uneingeschränkt eingesetzt werden kann. Doch bislang kommt die „European Payments Initiative“ nicht recht voran.

„Der Spaß wird teuer, Schätzungen gehen von rund vier Milliarden Euro aus“, sagt Jürgen Moormann, Professor für Bank- und Prozessmanagement an der Frankfurt School of Finance. Er hoffe aber, dass die Europäer sich einig würden. „Sonst geht das Zahlungsverkehrsgeschäft komplett an amerikanische Konzerne über.“