Trotz Kritik überwiegt in Degerloch die Zustimmung zur Umsetzung der geplanten Hauptradroute. Eine offene Frage ist, wie viele Menschen hier einmal radeln werden.

Wer mit dem Fahrrad der Jahnstraße folgt, fährt außerorts parallel zum motorisierten Verkehr durch den Wald. Die Nachteile liegen auf der Hand: Unebenes Gelände, wetterbedingte Beeinträchtigung der Fahrsicherheit, fehlende Beleuchtung. Martin Hasenäcker vom Amt für Stadtplanung und Wohnen spricht im Bezirksbeirat Degerloch von einem für den Alltagsradverkehr ungeeigneten Zustand. Sowohl hier als auch auf anderen Strecken soll die Umsetzung der Hauptradroute 41 mehr Fahrkomfort und Sicherheit für Radfahrer bringen und ein schnelleres Vorankommen gewährleisten. Im Außerortsabschnitt sieht die Planung einen vorwiegend durch einen Grünstreifen mit Bäumen vom Kfz-Verkehr getrennten Geh- und Radweg vor.

 

Mehr Sicherheit für Radfahrer

Beate Schiener, Betreuungsstadträtin für Degerloch und Sillenbuch, begrüßt die Pläne. Statt durch den Wald über die Alte Weinsteige zu fahren, sei auch keine Alternative, sagt sie. Die Autofahrer hielten sich hier oft nicht an die Verkehrsregeln. Mehr Sicherheit für Radfahrer sei grundlegend, wenn die Stadt die im Radverkehrs- und Fußverkehrskonzept umrissenen Ziele erreichen wolle. „Wir wollen den Radverkehrsanteil auf 25 Prozent steigern“, so Schiener, die Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik (STA) ist. Aktuell machen sie weniger als zehn Prozent aus. Hasenäcker betont, Stuttgart befinde sich „noch in der Angebotsplanung“.

Wie stark das Angebot letztlich angenommen werden wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Eine Prognose, auf die sich die Verwaltung beruft, spricht von täglich 5000 Radfahrern, die im Bereich Jahnstraße, Pischekstraße und Mittlere Filderstraße zu erwarten sind. Skeptiker fürchten, die für die Umsetzung eingeplanten 9,2 Millionen Euro könnten sich als Fehlinvestition erweisen, wenn es am Ende nur 500 Radler wären.

Thilo Roßberg (FDP) zieht nicht nur die Nutzungsprognose in Zweifel, sondern auch die Notwendigkeit der Maßnahme. Er selbst fahre lieber durch den Wald, gibt er zu verstehen. Fußgänger dürften einen Waldweg ebenfalls vorziehen.

Das ist ein Hauptkritikpunkt

Dass Fuß- und Radverkehr auf einem gemeinsamen Weg untergebracht werden, ist einer der Hauptkritikpunkte, die im Bezirksbeirat laut werden. Gerade wenn Fahrräder schneller fahren dürften, entstünden Gefahren, so die Befürchtung. Martin Hasenäcker verweist auf die vorgesehene Breite von vier Metern im Bereich Jahnstraße außerorts. Konflikte hält er für unwahrscheinlich. Auch gehe man von einem geringen Fußverkehrsaufkommen aus.

Um für den breiten Weg Platz zu schaffen, soll einer der beiden Stadtauswärtsstreifen für Autofahrer aufgehoben und die bauliche Mitteltrennung zwischen den Knotenpunkten Geroksruhe und Stelle zurückgebaut werden. Die Entscheidung zur Aufhebung des Fahrstreifens ist durch eine Leistungsfähigkeitsuntersuchung abgesichert. Die Parksituation an der Jahnstraße bei Heimspielen der Stuttgarter Kickers, wo parkende Autos regelmäßig den Fußweg blockieren, hat man ebenfalls im Blick. Eine Verbreiterung ist laut Martin Hasenäcker als Folgeprojekt vorgesehen.

Das Votum des Bezirksbeirats fällt zugunsten der Umsetzung aus, allerdings mit knapper Mehrheit. Insgesamt positiv beurteilt auch Tobias Willerding, Kreisvorsitzender des Radverbandes ADFC in Stuttgart, die neue Hauptradroute. „Wir finden die Planung grundsätzlich gut“, hält er fest. „Dass die Stadtverwaltung, die sonst die bauliche Trennung von Radfahrstreifen ablehnt, hier auf eine solche Trennung besteht, ist allerdings schon ein bisschen kurios.“