Der Gemeinderat lehnt mögliche Anlagen auf eigener Gemarkung einstimmig ab.

Heimsheim - Die Stimmung in der Stadthalle am Montagabend war eindeutig: keine Windkraftanlagen im Waldgebiet Reisach oberhalb von Heimsheim. Nicht nur die rund 200 Zuhörer applaudierten heftig bei einer entsprechenden Stellungnahme der Stadt zum Entwurf des Teilregionalplans Windenergie. Auch sämtliche Stadträte stimmten für diese ablehnende Stellungnahme und damit gegen die Windenergie im geplanten Vorranggebiet Pf-14. Klarer konnte das Votum nicht sein, das Matthias Proske, der Direktor des Regionalverbands Nordschwarzwald, mit zurück in den Planungsausschuss des Verbands nahm.

 

Das Interesse der Bevölkerung an der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats, die vorausschauend gleich in die Stadthalle verlegt worden war, war groß. Schließlich hält das Thema Windenergie die Schleglerstadt seit Monaten in Atem, oder, wie es der Bürgermeister Jürgen Troll sagte: „Die Planung der Region stößt hier nicht auf allzu viel Gegenliebe.“ Verbandsdirektor Proske betonte, dass es eine Pflicht zur Planung für solche Gebiete gebe, die sich als Standorte für Windkraft eignen. Bis zur Realisierung von Windkraftanlagen seien noch eine ganze Reihe weiterer Schritte nötig. So müsse es einen interessierten Investor geben, die Grundstückseigentümer müssten zustimmen und es müssten Immissionsschutzrechtliche Genehmigungen eingeholt werden. Bürgermeister Troll betonte an der Stelle gleich, dass Heimsheim keinesfalls seinen Wald dafür verpachten würde.

Für den Merklinger Wald gibt es schon einen Investor

Dabei geht es den Heimsheimern nicht nur um die geplante 30 000 Quadratmeter große Fläche Pf-14 hoch oben im Süden und Südosten des Ortes, sondern auch um das sich direkt daran anschließende Vorranggebiet BB-02, auf Weil der Städter Gemarkung im Kreis Böblingen gelegen. Dieses unterliegt der Planungshoheit des Verbands Region Stuttgart. Und für BB-02 gibt es, wie berichtet, mit der „Windenergie Baden-Württemberg“ schon einen interessierten Investor, der dort eine 230 Meter hohe Windkraftanlage (inklusive Rotorblätter) errichten möchte.

Weil der Stadt war schon kurz davor gewesen, seinen Stadtwald an die WE BW zu verpachten. Nach heftigen Protesten aus Heimsheim hatte der Weiler Gemeinderat dieses Ansinnen zurückgestellt und, gemeinsam mit dem Heimsheimer Rat, ein Artenschutzgutachten in Auftrag gegeben.

Zwar werde das Gutachten erst im Oktober fertig, so Jürgen Troll. Erstmals gab der Bürgermeister am Montagabend aber schon einen ersten Einblick in das Ergebnis der Biologen. In dem Gebiet seien Horste von Rotmilanen, eines Schwarzmilans, von Wanderfalken und anderen seltenen Arten gefunden worden. Diese Funde seien „derart zahlreich und deutlich“, so heißt es in der Stellungnahme, „dass die Chancen auf eine baurechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen in beiden Windvorranggebieten gleich Null sind.“

Denn diese Tiere seien in ihrem Bestand streng geschützt und ihr Vorkommen stelle klare Genehmigungshindernisse für Windenergieanlagen dar. Die Regionalplaner werden in der Heimsheimer Stellungnahme gerügt, dass die Belange des Natur- und Artenschutzes nicht oder unzureichend berücksichtigt wurden. Sie mündet in der Forderung, das Waldgebiet südöstlich von Heimsheim als Europäisches Vogelschutzgebiet nachzumelden.

Nur 700 Meter zum nächsten Wohngebiet

Aber die Heimsheimer treibt auch die Nähe von nur 700 Meter von möglichen Windrädern im Gebiet Pf-14 zur Wohnbebauung im Gebiet Klaffstein um. Dies sei der geringste zulässige Abstand unter allen 16 Bundesländern. So habe Bayern zum Schutz seiner Bürger einen Mindestabstand vom Zehnfachen der Gesamthöhe der Windenergieanlage durchgesetzt. Auch in anderen Ländern würde ein deutlich größerer Abstand verlangt. Weiter beschäftigt sich die Stadt in der Stellungnahme mit den bekannten Kritikpunkten wie Lärm, Schattenschlag und Infraschall und legt ausführlich die negativen Auswirkungen auf die Bevölkerung dar.

Auch der Aspekt Erholungswald spielt eine Rolle. Der Wald sei im Norden und Osten der Heimsheimer Markung durch die Autobahn so stark verlärmt, dass er für Erholungszwecke ausscheide. Nur der Wald im Süden könne noch der Erholung dienen. Gerade dieser aber soll nun Windvorranggebiet werden. Dabei würde der Landschaftsrahmenplan Nordschwarzwald das Gebiet Reisach als „Waldgebiet mit hoher Bedeutung für die Erholung“ ausweisen sowie mit „besonderer Bedeutung für die Biodiversität“.

Schließlich führt Heimsheim noch die „optische Bedrängung“ durch eine Anlage auf dem rund 500 Meter hohen Waldgebiet Reisach an, der die Bewohner im Bereich Klaffstein, das 400 Meter hoch liegt, aber auch die Gesamtstadt, ausgesetzt wären. Denn zu einem Höhenunterschied von einhundert Metern käme noch die Höhe des Windrads hinzu, wie etwa die rund 230 Meter hohe projektierte Anlage im Gebiet BB-02.

Wegen all dieser Argumente betrachtet die Stadt das Vorranggebiet Pf-14 für eine Nutzung durch Windenergie als „völlig ungeeignet und lehnt es in aller Deutlichkeit ab“, so lautete der Beschluss. Gleichzeitig betonte die Gemeinde, im Notfall „sämtliche ihr zur Verfügung stehenden juristischen Mittel“ zu ergreifen, um das Windvorranggebiet zu verhindern. Die Gemeinderatsfraktionen argumentierten in ihren teilweise ausführlichen Stellungnahmen ähnlich wie die Verwaltung und erhielten ebenfalls viel Beifall von den Zuhörern.