Die viel diskutierte neue Verbindung findet im Verwaltungsausschuss nur wenig Befürworter.

Renningen - Das Ergebnis war ziemlich eindeutig: Bei neun zu drei Stimmen hat sich der Verwaltungsausschuss des Renninger Gemeinderats gegen einen straßenbegleitenden Radweg zwischen Malmsheim und Perouse ausgesprochen. Seit eineinhalb Jahren protestieren Radfahrer mit einer wöchentlichen Fahrraddemo für die Umsetzung des Projekts. Zuständig für den Bau wäre zwar der Landkreis Böblingen, die Stadt müsste aber ihre Zustimmung geben, da der Weg über Renninger Gebiet verlaufen würde. Inzwischen hat allerdings sogar der Landkreis aus unterschiedlichen Gründen von diesem Projekt Abstand genommen.

 

Die Diskussion hat eine lange Vorgeschichte. 2008 hat der Landkreis die Kreisstraße K 1013 zwischen Malmsheim und Perouse sanieren und ausbauen lassen. Der Plan, dort einen Radweg anzulegen, kam jedoch erst im Zuge des Radwegekonzepts des Landkreises auf. Der Renninger Gemeinderat lehnte einen nachträglichen Radweg mehrheitlich ab, weil schon damals, 2015, neu aufgeforsteter Wald dafür hätte weichen müssen. Ein weiteres Gegenargument lautete, dass es für diese Verbindung Alternativen gebe, nämlich einen Weg durch den Wald. Aufgrund der Bürgerproteste rückte das Thema nun wieder auf die Tagesordnung. Die meisten Politiker kamen aber zum selben Ergebnis wie vorher.

Auch der Landkreis nimmt Abstand

Das Ergebnis vertritt mittlerweile auch der Landkreis. „Uns ist klar, dass ein straßenbegleitender Radweg gewisse Vorteile bietet“, sagt Simone Hotz, Sprecherin des Landratsamts. Letztlich sprachen aus Sicht des Landkreises aber mehr Punkte dagegen. Kurz gesagt: Die zu erwartenden Nutzerzahlen auf dieser Strecke rechtfertigten nicht den Bau eines neuen Radwegs, wenn quasi direkt daneben ein zweiter, nur unwesentlich längerer Radweg verläuft. Und sie rechtfertigten auch nicht den Eingriff in Wald und Natur.

Kontrovers blieb die Diskussion im Verwaltungsausschuss dennoch. Vor allem die Fraktion der Grünen setzte sich weiterhin mit Nachdruck für den neuen Radweg ein. Der Waldweg sei vor allem nachts oder am frühen Morgen viel zu dunkel, sagte Jochen Breutner-Menschick (Grüne). Andere bemängelten die schlechte Ausschilderung der bestehenden Verbindung. Die größte Kontroverse aber entstand durch die sehr unterschiedlichen Angaben über die Menge an Bäumen, die man für den Radweg fällen müsste.

Wie viele Bäume müssten weg?

Der Renninger Revierförster Rolf Maier kam bei seinen Berechnungen auf 1,6 Hektar für den Radweg und weitere 2,2 Hektar, auf der aus Gründen der Verkehrssicherung fortan nur noch kleinere Bäume stehen dürften. Dem gegenüber standen die Berechnungen des Landkreises von lediglich 0,8 Hektar Wald, der weichen müsste. Welche Zahlen stimmen also? Maier ging in seinen Berechnungen von einem Schutzstreifen zwischen Radweg und Straße aus, würde der Weg direkt angrenzend an die Straße verlaufen, fiele dieser Streifen weg. Die zusätzlichen 2,2 Hektar „auszudünnen“, wäre gesetzlich nicht vorgeschrieben. Jedoch: Wenn ein Baum auf einen offiziellen Radweg stürzt, müsste die Stadt für die Folgen haften. Bei einem Waldweg ist das nicht der Fall, dort heißt es immer: Nutzung auf eigene Gefahr, erklärte Rolf Maier.

Doch egal ob 0,8 oder 3,8 Hektar – für die meisten Ratsleute standen der finanzielle Aufwand und die ökologischen Auswirkungen in keinem Verhältnis zum Effekt, der durch einen Radweg an dieser Stelle erzielt würde. „Eine Verbindung zwischen Malmsheim und Perouse muss es geben, aber es ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit“, erklärte Marcus Schautt für die Freien Wähler. „Wir brauchen Radfahrer, wir brauchen aber auch Bäume, das ist eine Abwägungssache. Wir sehen es tatsächlich nicht, dass durch diese neue Verbindung so viel mehr Radfahrer dort fahren würden.“

Enttäuschung in Rutesheim

Enttäuscht ist über diese Entscheidung der Erste Beigeordnete der Stadt Rutesheim, Martin Killinger. Der Gemeinderat dort hatte schon bei der ersten Abstimmung 2015 klar für den Radweg votiert, der das bestehende Radwegenetz gut ergänzt hätte. „Attraktive, gute Radwege sind ein wirksamer Beitrag für eine nachhaltige Mobilität und Klimaschutz“, findet Killinger. Freizeitradler nutzten zwar gerne die schönen Feld- und Waldwege, für Alltagsradler auf dem Weg zur Arbeit seien straßenbegleitende Radwege aber wichtig. „Auch das Sicherheitsgefühl ist vor allem nachts deutlich höher als bei Radwegen im Wald.“ Hier sei eine wichtige Chance wieder für Jahre vertan worden.

Überrascht ist man derweil sowohl im Landratsamt in Böblingen als auch in der Nachbarkommune Rutesheim über die Renninger Absage an den Alternativvorschlag des Landkreises, nämlich die Waldwegeverbindung der beiden Ortsteile zu asphaltieren. Auch hier spielte der ökologische Aspekt eine Rolle, Ziel sei es eher, Wege im Wald zu entsiegeln, statt neue Flächen zu versiegeln, erinnerte der Renninger Förster. Auch aus anderen Gründen sei ein Asphaltweg im Wald schwierig: Zum Beispiel muss der Weg breit und stabil genug für die schweren Forstfahrzeuge sein, Wurzeln können den Belag zudem leicht aufbrechen. Für Radfahrer sei Asphalt nicht unbedingt besser als ein Schotterweg, gerade bei Nässe und herabfallendem Laub werde er schnell rutschig.

Gleichwohl sicherte die Renninger Stadtverwaltung zu, die Strecke „weiterhin in einem sehr guten, fahrradtauglichen Zustand“ zu halten und stand partiellen Verbesserungen des Weges offen gegenüber.

Die endgültige Entscheidung über die genannten Punkte trifft der Gemeinderat Renningen am 27. Januar.