Die Initiative Stadtentwicklungsdialog will Stuttgart voranbringen. In der „Philosophierkantine“ haben Fachleute vorgestellt, was man von Darmstadt, Freiburg oder Hamburg in Sachen Stadtplanung lernen könnte.

Stuttgart - „Ach wie schön ist Stuttgart“ war die erste öffentliche Veranstaltung der Initiative Stadtentwicklungsdialog überschrieben. Es war noch nicht die ganze Stadtgesellschaft, die sich zur „Philosophierkantine“ in der Mensa der Universität eingefunden hatte. Sondern vorwiegend Architekten, Planer aus verschiedenen Ämtern, Lehrende und Lernende der drei Hochschulen, an denen in Stuttgart Architektur und Stadtplanung gelehrt wird – also vorwiegend Fachleute aus dem Kreis, der unter Federführung der Architektenkammer Baden-Württemberg die Initiative angestoßen hat.

 

Aber genau darum ging es: Wie plant man eine Stadt so weiter, dass sich alle einbringen können und mit dem Ergebnis zufrieden sind? Gerade Stuttgart braucht dringend eine solche Initiative: Zum einen gibt es gravierende Probleme wie den Verkehr oder den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Zum anderen wird immer nur punktuell diskutiert: hier eine Oper, da ein Konzerthaus – die große Vision fehlt.

Architekten, die Prozesse bauen

Andere Städte sind da schon weiter. Darmstadt etwa, das Anna Bernegg vom Berliner Urban Catalyst Studio nannte, die in einem äußerst dichten Vortrag dessen Vorgehensweise erläuterte. Das Büro berät Städte bei einer offenen Planung zur Bewältigung zahlreicher Herausforderungen, vom demografischen Wandel bis hin zur Mobilitätswende. „Wir sind Architekten, die keine Häuser bauen, sondern Prozesse und Strukturen“, so beschrieb sie ihre Tätigkeit. Darmstadt hatte sie gewählt, weil die Stadt wie Stuttgart stark wächst, wenig Flächen und ein Verkehrsproblem hat. Ziel des mehrjährigen Beteiligungsprozesses war, ein Leitbild zu entwickeln, an dem sich alle weitere Planung orientiert.

Oliver Seidel vom Büro Cityförster aus Hannover stellte den im Vorjahr abgeschlossenen Perspektivplan Freiburg 2030 in den Mittelpunkt. Auch Freiburg wächst und hat wenig Raum. Bauen ja, aber nicht bei mir: So beschrieb er die Haltung der Freiburger. Und er zeigte, wie man damit umgehen kann: indem man beim Bauen zugleich die stadträumlichen Qualitäten erhöht und die Freiräume, wenn sie sich schon nicht vermehren lassen, besser in Beziehung setzt und aufwertet. Man muss mit den problematischen Räumen anfangen, sagte Seidel mit Verweis auf Planungen in Würzburg: zum Beispiel da, wo eingeschossige Gewerbebauten unmotiviert in der Gegend herumstehen und die Flussufer blockieren.

Künstler gegen Investoren

Elke aus dem Moore, Direktorin der Solitude-Akademie, fragte zunächst, warum ausgerechnet sie eingeladen wurde, wo sie doch keine Stadtplanerin sei. Doch dann legte sie den Finger in die Wunde: Stuttgart sei „zerfurcht von Autobahnen.“ Sie hob das Projekt „Park Fiction“ und die Planbude in Hamburg-St. Pauli hervor, wo es Künstlern gelungen ist, gegen Investoren den Willen der Bewohner durchzusetzen, und verlangte, Künstler sollten in alle Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Ihr erstes Anliegen, rief sie unter Beifall aus, sei eine radikal autofreie Stadt.

Zwischen den Impulsreferaten gab es Vorspeise und Suppe und Gelegenheit weiter zu diskutieren. Anschließend noch vier Stellungnahmen, und am Ende verließ man mit einem prall gefüllten Kopf voll guter Ideen den Saal. Eine Fortsetzung zur Kommunalwahl gibt es am 9. April im Haus der Architekten.

Mögen die Anregungen in den Köpfen der Politiker ankommen.