Der Druck auf die Grünen, Boris Palmer aufgrund dessen umstrittener Ansichten aus der Partei auszuschließen, wächst. Dennoch verzichtet der Landesverband auf ein entsprechendes Verfahren und hofft, dass der Tübinger OB von selbst geht.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Der baden-württembergische Landesverband der Grünen strebt weiterhin kein Parteiausschlussverfahren gegen den grünen Tübinger OB Boris Palmer an. Das geht aus einem internen Schreiben an die Parteimitglieder hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Demnach hegten offenbar viele Grüne die Hoffnung, dass der Landesverband aus dem Verhalten des umstrittenen Politikers Konsequenzen zieht. Palmer hatte zuletzt über von der Corona-Pandemie besonders gefährdete ältere Menschen gesagt, dass in Deutschland Menschen gerettet würden, „die in einem halben Jahr sowieso tot wären.“

 

Diese und viele weitere provokante Aussagen, häufig in Zusammenhang mit Migration, führten zuletzt zu einer Distanzierung weiter Teile seiner Partei. Sowohl der Bundesvorstand als auch der Tübinger Stadtvorstand kritisierten Palmer bereits öffentlich scharf. In dem internen Schreiben steht, dass sich zwar viele Parteimitglieder für einen sofortigen Parteiausschluss ausgesprochen hätten, andere aber hinter Palmer stehen würden.

Auch wenn der Landesvorstand weiter auf ein Ordnungsverfahren gegen Palmer verzichtet, missbilligt er dessen Verhalten deutlich und hat sich einstimmig darauf verständigt, dass Palmer als eine Person zu behandeln sei, die systematisch gegen die Partei agiere, „indem er sich mit seinen Äußerungen gegen politische Werte und politische Grundsätze unserer Partei stellt.“

Keine Unterstützung mehr bei Kandidaturen

Der Landesvorstand werde Palmer darum bei Kandidaturen um politische Ämter – wie es Palmers Kreisverband ebenfalls angekündigt hatte – nicht länger unterstützen. Außerdem sei ihm der Parteiaustritt nahegelegt worden. Der Landesvorstand erwarte demnach, dass Palmer die Partei freiwillig verlasse.

Boris Palmer hat sich zu dem Schreiben der Grünen am Montagabend noch nicht geäußert. Ähnliche Forderungen, die in den vergangenen Wochen geäußert wurden, ließen den Politiker kalt: Er bleibe Parteimitglied, die Aufforderung zum Austritt beruhten auf falschen Argumenten. Für seine Aussage zum Thema Coronavirus und Senioren hat er sich mittlerweile entschuldigt.