Der Nordostring schien 2012 ad acta gelegt zu sein – doch nun ist er wieder im Gespräch. In Waiblingen diskutierten seine Gegner und Befürworter mit Anwohnern.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Sie markieren die beiden gegensätzlichen Meinungen zum Nordostring: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer hält die geplante Verbindung von Waiblingen nach Kornwestheim für „die notwendigste Straße Deutschlands“. Joseph Michl, Sprecher der Arge Nordost, befürchtet dadurch „nur noch mehr Verkehr“. Beide sprechen am Montagabend am Danziger Platz in Waiblingen vor vollem Haus. Die Bürgerinteressengemeinschaft (BIG) Waiblingen-Süd hat zur Podiumsdiskussion über den Nordostring eingeladen, und rund 200 Zuhörer sind gekommen – nicht nur Anwohner des Stadtteils, sondern auch Leute aus dem Stuttgarter Norden, sozusagen von den beiden Enden der Nordost-Strecke.

 

Temperamentvolle Diskussion

Mit auf dem Podium sind der Waiblinger Oberbürgermeister Andreas Hesky (Freie Wähler) und der SPD-Kreisrat und frühere Gemeinderat Klaus Riedel. Moderiert wird die über weite Strecken temperamentvoll geführte Diskussion von Frank Rodenhausen, dem Redaktionsleiter unserer Zeitung im Rems-Murr-Kreis.

Hesky hält den Zeitpunkt der Diskussion für viel zu früh. „Wir haben noch keine genauen Daten, um über den Nordostring sprechen zu können.“ Er zitiert den Verkehrsminister Winfried Hermann, der eine Untersuchung der vorliegenden Fakten in Auftrag gegeben hat. Alleine das werde zwei Jahre in Anspruch nehmen. „Die Planungsflughöhe ist zurzeit sehr hoch“, so Hesky, Details für den Waiblinger Süden seien noch nicht erkennbar. Rückbauten stark frequentierter Straßen seien in den Plänen noch nicht enthalten.

In Waiblingen-Süd wird mehr Verkehr befürchtet

Seitens der Stadt Waiblingen sei die Sachlage so, dass der Gemeinderat nur einem zweispurigen Ausbau der Strecke zugestimmt habe. Als Stadtoberhaupt habe er sich dem Beschluss des Gremiums zu fügen, beteuert er. Das will ihm das Publikum jedoch nicht so abkaufen, worauf ein deutliches Murren schließen lässt. Schließlich ist der Oberbürgermeister auch Mitglied der Freie-Wähler-Fraktion des Regionalparlaments, welche hinter dem Nordostring steht.

Im Waiblinger Süden befürchten die Anwohner noch mehr Auswirkungen des Straßenverkehrs als bereits jetzt durch den Teiler B 14/B 29 in unmittelbarer Nachbarschaft. „Ich habe einen Teil meines Lebens hier gewohnt und weiß, wie laut es in Richtung der Bundesstraße ist“, sagt Riedel. Die Straße sei nicht zu überhören. Was die noch nicht geplanten Rückbauten angehe, fragt er Hesky, warum die Alte Bundesstraße nach dem Bau der Westumfahrung nicht zurückgebaut worden sei? „Wir müssten heute zurückbauen. Es ist belegt, dass auf der Alten Bundesstraße wieder mehr Verkehr herrscht.“

Buh- und Pfui-Rufe aus dem Publikum

Mit Leidenschaft argumentiert Joachim Pfeiffer für den Bau des Nordostrings. Dass ihm dafür die Ablehnung des Publikums entgegenschlägt, hält ihn nicht ab: „Das bin ich gewohnt.“ Für ihn ist eine starke Verbindung der Standorte Waiblingen und Ludwigsburg absolut notwendig, wenn die gesamte Wirtschaftsregion erhalten bleiben soll. „Stihl transportiert seine Sägen nicht mit Lastenfahrrädern.“ Die Zahlen, die Joseph Michl gegen die seinen präsentiert, bezeichnet er als alternative Fakten, was ihm laute Buh- und Pfuirufe einbringt.

Die „notwendigste Straße“ sei der Nordostring in Kombination mit der Filderauffahrt deshalb für ihn, weil sie in einem Nutzen-Kosten-Vergleich bundesweit allein den Höchstwert von zehn Punkten erreiche. Es handle sich um objektive wirtschaftliche und umweltrelevante Daten. „Alles über dem Wert eins ist würdig, gebaut zu werden.“ Im Moment sei das Geld vorhanden. „Wir müssen schnell planen und dann auch bauen.“

Das Thema ist wieder brandheiß

Joseph Michl zerpflückt danach Pfeiffers Zahlen. Der Wert von zehn Punkten nehme schnell ab, wenn etwa durch teure Tunnelbauten der Preis in die Höhe gehe. Er befürchtet mehr Verkehr durch den Nordostring – „Zehn Prozent mehr Straße, zehn Prozent mehr Verkehr“ – der für ihn nichts anderes darstellt, als ein Teilstück einer weiteren Ost-West-Verbindung zwischen Bayern und dem Rheintal. „Was mit den Leuten vor Ort ist, interessiert die hohe Politik nicht“, so Michl, der im Jahr 2012 davon ausging, der Nordostring sei offiziell zerschlagen. „Ich lehne mich nicht zurück. Das Thema ist wieder brandheiß“, sagt er nun.

Eine Lösung für den Nordostring an dem Abend zu finden, war nicht zu erwarten. Allerdings zeigen sich die Bewohner des Waiblinger Südens bereit, für ihre Belange zu streiten. Der Diskussion würden auf jeden Fall weitere folgen, verspricht Olaf Arndt, der Vorsitzende der BIG: „Mit diesem Abend steht Waiblingen-Süd auf der Agenda des Nordostrings.“