In Berlin wird über eine Umbenennung der U-Bahn-Haltestelle „Mohrenstraße“ diskutiert. Der Kulturhistoriker Wolfgang Kaschuba warnt davor und erklärt, welche geschichtliche Bedeutung der Mohr hatte.

Berlin - Der Berliner Kulturhistoriker Wolfgang Kaschuba hat in der Rassismus-Debatte vor vorschnellen Änderungen etwa von Straßennamen gewarnt. Mit Blick auf den Streit über eine Umbenennung der Berliner Mohrenstraße sagte Kaschuba dem „Tagesspiegel“ (Mittwoch), es sei gut, eine Debatte über die Kolonialgeschichte zu führen. „Die Umbenennung von Straßen ebnet aber eine schwierige und schmerzhafte Geschichtslandschaft eher ein.“ Im Fall der Mohrenstraße sei es dabei noch etwas komplizierter, sagte der ehemalige Leiter des Instituts für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität.

 

Bild des Mohrenkönigs findet sich in der Kunst

Die meisten Quellen seien sich einig, „dass die Bezeichnung mehr mit der regionalen Herkunft aus Mauretanien als mit der Hautfarbe zu tun hat“, sagte Kaschuba weiter. Der Mohr sei vor allem in Südeuropa ein Feindbild gewesen, „er war der Eroberer, nicht die Sklavenfigur“. Das Bild des Mohrenkönigs sei später auch in Mittel- und Nordeuropa in die Kunst übernommen worden und „hielt Einzug in die europäische Geistesgeschichte“. Erst im 18. Jahrhundert mit der europäischen Kolonialgeschichte sei der Mohr vom Täter zum Opfer geworden. Zugleich sei der Begriff immer weniger genutzt worden, „weil im 17. Jahrhundert das N*-Wort eingeführt wird, das zum Bestandteil der europäischen Rassenlehre wird“.

Kaschuba plädierte in der Debatte dafür, „nicht nur Betroffenheit und Kränkung zum Maßstab“ zu nehmen, „sondern auch die historische Einordnung des Begriffs“. Nach aktuellem Stand wollen die Berliner Verkehrsbetriebe die U-Bahnstation Mohrenstraße in Glinkastraße umbenennen. Dem russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) wird nun Antisemitismus vorgeworfen.