Der Bürgerentscheid zur Porsche-Ansiedlung rückt näher, jetzt gibt es noch einmal eine große Informations-Veranstaltung. Die Initiative Lebenswertes Strohgäu wehrt sich gegen einen regionalen Gewerbeschwerpunkt in Schwieberdingen.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Schwieberdingen - An diesem Donnerstag gibt es erneut eine Bürgerinformation zum geplanten regionalen Gewerbeschwerpunkt in Schwieberdingen. Die Initiative Lebenswertes Strohgäu positioniert sich gegen die Planung. Karl Bendel hält am Abend einen Impulsvortrag – und erklärt im Interview, warum das Vorhaben der Initiative Bauchgrimmen bereitet.

 

Herr Bendel, was spricht dagegen, Porsche nach Schwieberdingen zu holen?

Dass Porsche definitiv kommen würde, wenn der regionale Gewerbeschwerpunkt beschlossen wird, steht derzeit überhaupt nicht fest. Und selbst wenn: Porsche ist längst nicht mehr das Unternehmen, das überall Geld verteilt. Mancher träumt vielleicht davon, dass dann das Geld sprudelt und wir ein Hallenbad und eine neue Festhalle bekommen. Dazu bräuchten wir aber Firmen, die in Schwieberdingen ihren Sitz haben und vor Ort ihre Gewerbesteuer zahlen. Drei solche Firmen hat Schwieberdingen aber zuletzt verloren, weil sie keine Erweiterungsmöglichkeiten hatten. Fünf Hektar hätte die Gemeinde zwar gehabt, aber sie sind noch nicht erschlossen.

Jetzt soll es 23 Hektar für einen regionalen Gewerbeschwerpunkt geben.

Und das auf Flächen, die zu den besten Böden Baden-Württembergs gehören und auf denen Lebensmittel produziert werden, kein Mais für Biogasanlagen. Einerseits soll man regionale Produkte kaufen, andererseits wird alles zubetoniert.

Wer steckt hinter der Initiative Lebenswertes Strohgäu, die sich gegen das Vorhaben wehrt?

Die Initiative setzt sich aus Bürgern zusammen, denen es bei einem Informationsabend des Naturschutzbundes zu dem Thema sauer aufgestoßen ist, dass die Gemeinde Schwieberdingen sowohl bei ihren Info-Veranstaltungen als auch im Mitteilungsblatt ziemlich einseitig informiert.

Aber für das Bürgerhearing der Gemeinde war doch ein Vertreter des Umweltschutzes angekündigt?

Ja, aber der sehr kurzfristig informierte Vertreter des Bundes für Umwelt- und Naturschutz aus Bietigheim konnte so spontan an einem Arbeitstag nicht sechs Stunden lang zur Verfügung stehen, und beim Nabu vor Ort hat erst gar niemand angefragt. Wir haben dann vor dem Rathaus über unsere Positionen informiert. Kaum jemand von denjenigen, die sich bei den bisherigen Bürgerinformationen für den regionalen Gewerbeschwerpunkt einsetzten, wohnt in Schwieberdingen und wird mit den Folgen leben. Allerdings: Das Podium am Donnerstag ist paritätisch besetzt, auch von der Seite der Kritiker sind drei Vertreter dabei.

Was kritisieren Sie außer dem Flächenverbrauch und dem nach Ansicht der Initiative überschaubaren Nutzen für Schwieberdingen?

Die Geheimnistuerei im Vorfeld, das Timing, das die entscheidenden Veranstaltungen in die Vorferien- und Ferienzeiten verlagert, und die Informationspolitik zu der Sache an sich. Würde der Bürgerentscheid als Folge eines Bürgerbegehrens stattfinden, müsste die Gemeinde die Schwieberdinger bis zum 20. Tag vor der Abstimmung umfassend schriftlich informieren, insbesondere auch über die Kosten. Der Entscheid erfolgt aber aufgrund eines Ratsbegehrens. Dann entfällt diese Informationspflicht. Das ist eine Gesetzeslücke, und die Gemeinde macht sie sich zunutze. Es fehlen entscheidende Informationen für diesen folgenreichen Beschluss. Mich erinnert das ein bisschen an den Brexit: Man stimmt etwas ab, das eine mordsmäßige Reichweite hat, und keiner weiß so recht, was das letzten Endes für Konsequenzen haben wird.

Zur Person
Der Physiker Karl Bendel, 64 Jahre alt, arbeitete bis zu seinem Ruhestand bei der Firma Bosch. In Schwieberdingen lebt er seit einem Vierteljahrhundert.

Bürger-Info Die Informationsveranstaltung findet diesen Donnerstag, 27. Juni, um 19 Uhr in der Turn- und Festhalle Schwieberdingen statt. Falls die Plätze ausgehen sollten, wie bei der ersten Bürger-Info im April, wird die Veranstaltung über Lautsprecher nach draußen übertragen. Der Bürgerentscheid über den regionalen Gewerbeschwerpunkt ist für 14. Juli terminiert.