Ein Werk des US-amerikanischen Konzeptkünstlers Lawrence Weiner hätte Ditzingen zieren können – nun zeigt die Staatsgalerie seine Arbeit.

Ditzingen - Hätte, wäre, wenn: vermutlich ärgert sich manch Ditzinger Stadtrat inzwischen darüber, dass eine Arbeit des US-amerikanischen Konzeptkünstlers Lawrence Weiner „One Potato Two Potato Three Potato & (More)“ seit wenigen Monaten in der Staatsgalerie Stuttgart hängt. Denn Weiner, einer der Großen der Gegenwartskunst, hatte die Arbeit zunächst für die Ditzinger realisiert.

 

Fünf Druckgussplatten waren 1992 im Rahmen eines Skulpturenprojekts der Kulturregion in einen Weg zwischen Bahnhof und Stadtmitte eingelassen worden. Doch weil der Gemeinderat nicht bereit war, 40 000 Mark dafür zu bezahlen, wurden die Platten im Jahr 1998 auf Geheiß des Künstlers ausgegraben. Inzwischen haben die Freunde der Staatsgalerie Stuttgart eine neue Umsetzung von Weiners Kartoffeln erworben, zur Erweiterung der Sammlung für Gegenwartskunst.

Auf den ersten Blick geht es um ein Kunstwerk, das die Ditzinger hätten haben können. Im Kern geht es um die Frage, wie viel Geld dem Stadtrat Kunst im öffentlichen Raum wert ist. „Das war eine Missernte“, fasst es der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath zusammen. Denn die Stadt könnte im Besitz einer Arbeit sein, die inzwischen ein Vielfaches dessen wert ist, was sie hätte bezahlen müssen. Schon damals sei es ein Sonderpreis gewesen, meint die Stuttgarter Galeristin Brigitte March. Sie vertritt Weiner, der längst in den großen Häusern der Welt zu sehen ist und zu den einflussreichsten Vertretern der aus dem Minimalismus entstandenen Konzeptkunst gehört.

Skulpturenprojekt der Kulturregion

Auch der Leiter des Ditzinger Kulturamts, Thomas Wolf, bedauert es, dass das Werk nicht gekauft wurde. „Es war und wäre noch immer eine tolle Arbeit für Ditzingen.“ Die Wertsteigerung sei zwar abzusehen gewesen, „aber Konzeptart im kommunalpolitischen Rahmen ist schwierig zu vermitteln“. Zudem hatten sich die Ditzinger bis zu diesem Zeitpunkt wenig mit Kunst im öffentlichen Raum befasst. Und wenn, dann mit lokalen Künstlern wie Robert Eberwein oder regionalen Größen wie Fritz Mehlis. Der Stadtrat habe seine Position erst finden müssen, sagt Wolf. „Aus dem regionalen Kontext in die Internationalität zu springen, dieser Sprung war zu groß.“

Weiner, 1942 in New York geboren, hatte 1992 im Zuge des Skulpturenprojekts „Platzverführung“ sein Kartoffelwerk in Ditzingen ausgestellt. In jeder Stadt arbeitete ein anderer Künstler, der sich mit der Situation im Ort auseinandersetzte. Jörg Immendorff etwa zeigte seine Bronzeskulptur „Naht. Über Toleranz“ in Leonberg, der Niederländer Auke de Vries arbeitete in Ludwigsburg. De Vries’ Schlange hängt noch immer über der Sternkreuzung. Weiner befasste sich ironisch mit der Basis des Wohlstands im Strohgäu: In die Kartoffeln gehen bedeute, reichlich zu tun haben oder zur Arbeit gehen, sagt Wolf.

Schon unmittelbar nach dem Skulpturenprojekt, 1993, hätten die Ditzinger das Werk kaufen können. Doch Sponsorengelder reichten nicht aus, und der Stadtrat schloss ein weiteres Engagement aus. Er hatte schon 70 000 Mark für die Aktion bezahlt. Allerdings gingen die Ditzinger weitere fünf Jahre über die Platten, da das Vorhaben im Wirrwarr der Zuständigkeiten zwischen der Kulturregion und den Städten versickerte. Erst 1997 meldete sich Weiner, 1998 grub der Bauhof die fünf Druckgussplatten aus.

„Lawrence Weiner erklärte das Design dann für ungültig“, erzählt die Galeristin March. Das verbliebene Material nannte er „Das Wrack“. Es verschwand, blieb lange unauffindbar – bis es im Keller der Villa Merkel in Esslingen auftauchte. Weiner nutzte die Idee erneut – diese neue Arbeit hängt nun in der Staatsgalerie. „Das Wrack“ hat er ihr ergänzend überlassen. Der Bezug zu Stuttgart? 1827 lehnte ein Abgeordneter des Landtags den Bau eines Antikensaals ab: „Mr braucha koine Kunscht, Grombiara braucha mr.“