Die Kommune wird Fairtrade-Town. Im Herbst wird es offiziell.

Ditzingen - Wenn sie wollten, könnten Wolfgang Ruck und seine Mitstreiter der Steuerungsgruppe zufrieden sein und sich mit dem Erreichten begnügen. Ditzingen hat zwischenzeitlich alle Kriterien erfüllt, um Fairtrade-Town zu werden. „Wir könnten die Hände vor dem Bauch falten und sagen, wir haben es geschafft“, sagt Ruck. Aber es war nie der Ansatz des Universitätsprofessors, es bei der Plakette zu belassen, mit der sich die Kommune – publikumswirksam an der Rathausmauer angebracht – demnächst wird schmücken können. Deshalb ist er eigentlich ganz froh darüber, dass die Auszeichnung nicht wie geplant am kommenden Wochenende, bei den zentralen Feierlichkeiten zum Stadtjubiläum, übergeben wird.

 

Geplant ist die Übergabe nun bei der Wirtschaftsmesse im Oktober. Solange haben Ruck und die Steuerungsgruppe Zeit, in der Bevölkerung mehr Bewusstsein zu schaffen für den fairen Handel, für eine angemessenere Beteiligung von Kleinbauern und Arbeitern am Handel mit ihrer Ware.

Die Produkte werden dadurch teurer, gewiss, aber wolle man wirklich Sklavenarbeit unterstützen, fragt Ruck. „Wir sind ein reiches Land, und können es uns trotzdem nicht leisten, fünf Cent dazuzugeben?“ Man nehme also in Kauf, dass Kinder zwei Stunden länger arbeiten müssten, wenn sie nur zwei Stunden in die Schule gehen wollten? Das könne nicht sein.

Aufklären, nicht missionieren

Ruck will aufklären, er macht das auch mit Hilfe von Bildern, etwa mittels TV-Dokumentationen, die er auch Kindern zeigen lässt. Er ist sich wohl bewusst, dass diese Form der Aufklärung leicht zur Manipulation missbraucht werden könnte. Aber Ruck, der Vater, weiß eben auch aus eigener Erfahrung, dass Kinder in diesen Dingen sensibel reagieren und ihre Eltern erziehen. Die Stadt nimmt er dabei ebenso ins Boot. Fair gehandelten Kaffee auszuschenken, sei das eine. Aber sie könne sich natürlich auch überlegen, „ob sie Fördermaßnahmen an fair gehandelte Produkte koppelt“. Der Sportverein, die TSF Ditzingen, testet derzeit fair gehandelte Fußbälle.

Kontrolle der Herstellung

So sehr Ruck von der Idee des fairen Handels überzeugt ist, so sehr ist ihm daran gelegen, dass die Herstellung der Produkte auch kontrolliert wird. „Ich glaube schon an das Gute im Menschen. Aber wenn Gesetze nicht kontrolliert werden, wird beschissen.“ Insoweit sind ihm die Kontrollmechanismen mindestens ebenso wichtig, wie die Idee selbst. Diese wird sich nach und nach auch in Ditzingen Bahn brechen, davon ist der überzeugt. „Auch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt.“

Das nächste Ziel hat er fest vor Augen. Kreisweit geschehe ja noch nicht allzu viel, da könne man mehr machen. „Wir werden versuchen, Vorbild zu sein.“ Dass dies auch weiterhin Energie kosten wird, ist ihm klar. Der Naturwissenschaftler beschreibt die Situation mit einem Vergleich. „Man kann das Fahrrad auf den Kopf stellen. Aber wenn sich das Vorderrad permanent drehen soll, muss man Energie reinstecken, sonst bleibt es irgendwann stehen.“

Auch er selbst hat anlässlich der Vorbereitung zur Spielstadt Ditziput sein Tun überdacht. Er will T-Shirts färben. Aber darf er T-Shirts für einen Euro kaufen, um sie später, wenn sie gefärbt sind, den Kindern zu schenken? Er musste nicht überlegen. Einen Moment innehalten allerdings schon,um sich dessen bewusst zu werden.