Hilfe zur Selbsthilfe wird im Repaircafé der Bürgerstiftung Ditzingen geleistet. Dort arbeiten Idealisten zusammen, um unnötigen Müll zu vermeiden und schadhafte Dinge wieder herzurichten.
Ditzingen - Die erste Glückliche kommt wenige Minuten nach der Öffnung wieder zur Tür heraus. „Es hat nur ein Schräuble gefehlt“, berichtet Erika Koroll – und zeigt ihren Spargelschäler vor. Dank dem Mini-Ersatzteil funktioniert das Messer wieder, Frau Koroll hat 30 Euro für ein neues gespart, und der Umwelt ist ein Stück Schrott erspart geblieben. Erfolgserlebnis im Repaircafé. Jetzt radelt Erika Koroll heim. Auf dem Parkplatz der Konrad-Kocher-Schule in Ditzingen packt derweil ein Mann einen wackligen hölzernen Stuhl aus. Auch das Polizei-Modellauto, Baujahr 1963, hat einen Makel: das Blaulicht leuchtet nicht. Ob die Leute vom Repaircafé helfen können? Sie können.
Hier wird nicht nur Mobiliar, Küchenwerkzeug oder Blechspielzeug repariert. Die Männer um Winfried Doerjer kümmern sich auch um CD-Wechsler oder Radios Marke uralt, um kaputte Diaprojektoren der Edelmarke Rollei oder eine defekte elektrische Brotschneidemaschine. Am Nachbartisch wird mit Hingabe an einer Heckenschere geschraubt, deren Kabel eingerissen war. „Wir haben das Kabel ausgebaut, abgeschnitten und wieder eingebaut“, erzählen Steffen Sommer und Wolfgang Kleuner. Doch so einfach, wie sich das erzählt, ist es nicht. Wenn sich ein Elektriker fände für diese Reparatur – bezahlbar wäre sie kaum.
Das Ziel: Nichts wegwerfen, was repariert werden kann
Es ist aber auch nicht der primäre Sinn des Repaircafés, dass die Leute Handwerkerstunden sparen. Es soll vermieden werden, dass Dinge weggeworfen und neu gekauft werden, die mit ein bisschen Wissen und Bastlerfreude wieder repariert werden können. So wie das Polizeiauto von Schuco, das noch gut dasteht – aber eben nicht mehr leuchtet und hupt. Peter Bessing und Gregor Sauer haben die Karosserie rasch vom Chasis gelöst und den Fehler gefunden: eine Welle liegt nicht mehr in der Halterung, weil ein winziges Teil gebrochen ist. „Das ist machbar“, meint Bessing, „aus einem Blech mit der CNC-Maschine einen Haltebügel schneiden und mit Nieten einklicken.“ So kompliziert soll es aber nicht sein. Mit vorsichtigem Drücken tut das Ganze auch wieder, wenn auch nur mit Dauerhupe. Was soll’s. Das Alarmcar 5340 steht eh nur in der Vitrine.
Elektromechaniker, Modell- oder Maschinenbauer, Radio- und Fernsehtechniker – die Männer haben viele Berufe gelernt, die hier nützlich sind. Und eine Schneiderin wartet an der Nähmaschine auf Kundschaft. Alle sind hier, weil ihnen diese Art der Hilfe Spaß macht. Der Jüngste ist gerade mal zwölf: Konstantin liebt alte Radios und Tonbandgeräte. Alle möglichen Hilfsgeräte, Werkzeuge und Spraydosen stehen an seinem Tisch. „Mit zwei hat er damit angefangen“, erzählt sein Vater Lars – während der Sohnemann einen Papierstreifen aus einem Plastikradio herauspult, der darin nichts verloren hat.
Stadt unterstützt das Projekt der Bürgerstiftung
„Jeder will einbringen, was er kann“, erzählt einer der Männer, die gerade mangels Auftrag am Kaffeetisch sitzen. Winfried Doerjer lobt das Engagement der Stadt, die das Projekt der Bürgerstiftung seit deren Start im Februar unterstützt. Jeden zweiten Donnerstag im Monat wird das Repaircafé im Techniktrakt der Konrad-Kocher-Schule geöffnet. Weil das Ganze nur Hilfe sein soll, muss der Einlieferer selbst mit Hand anlegen. Und sei es auch nur, die Schrauben festzuziehen.
Fahrrad-Spezialisten gesucht – Interview mit Birgit Steinbach aus Gerlingen
Fahrradspezialisten gesucht für Gerlinger Repaircafé - Gerlingen - Die Koordinatorin der Lokalen Agenda in Gerlingen, Birgit Steinbach, will demnächst auch in ihrer Stadt ein Repaircafé anbieten. Helfer mit handwerklichen Kenntnissen haben sich dafür bereits gefunden. Aber auch die Begegnungen bei Kaffee und Kuchen sind den Initiatoren wichtig.