Die Mehrheit der zehnjährigen Kinder in Deutschland kann nicht sicher schwimmen. „Wenn diese Entwicklung so weitergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer wird“, warnt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Stuttgart/Hannover - Mindestens jeder zweite Grundschüler in Deutschland kann nicht richtig schwimmen. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Demnach besitzen nur 40 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen ein Jugendschwimmabzeichen. „Wenn diese Entwicklung so weitergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer wird“, warnt DLRG-Vizepräsident Achim Haag bei der Vorstellung der Umfrage am Dienstag in Hannover.

 

Zahl der Badetoten steigt wieder

In Notlagen lassen bei ungeübten Schwimmern schneller die Kräfte nach und sie geraten leichter in Panik. Im vergangenen Jahr ertranken in Deutschland 537 Menschen. Das waren 49 mehr als im Vorjahr – und erstmals seit zehn Jahren wieder mehr als 500.

Ihre eigene Schwimmfähigkeit bewerten 14 Prozent in der Umfrage als sehr gut und 33 Prozent als gut. Für einen durchschnittlichen Schwimmer halten sich 40 Prozent, als schlechten Schwimmer bezeichnen sich neun Prozent. Drei Prozent gaben an, Nichtschwimmer zu sein. Knapp mehr als die Hälfte sind der DLRG zufolge damit unsicher im Wasser oder kaum in der Lage, sich selbst zu retten, wodurch das Ertrinkungsrisiko steige.

„Seepferdchen“ genügt beim weitem nicht

Die Umfrage zeigt, dass 77 Prozent der Grundschüler das „Seepferdchen“ absolviert haben. Haag: „Als sicherer Schwimmer kann nur gelten, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze sicher beherrscht.“ Dabei müssen Kinder innerhalb von 15 Minuten mindestens 200 Meter schwimmen.

„Alle Experten, Sportwissenschaftler und unsere Ausbilder sind sich einig, dass die Prüfungsanforderungen des Seepferdchens dafür zu gering sind.“ Das Seepferdchen sei kein Schwimmabzeichen, hier handle es sich lediglich um eine Bescheinigung dafür, dass sich das Kind auf einer Strecke von 25 Metern über Wasser halten kann, so Haag.

„Wer Bäder schließt, um Kosten zu senken, handelt fahrlässig“

Die Gründe für diese Entwicklung seien sowohl im familiären als auch im schulischen Bereich zu suchen. Auch die Bäderschließungen spielten eine Rolle, so Haag weiter. Die Schwimmausbildung komme an vielen Grundschulen zu kurz oder falle ganz weg, weil kein Schwimmbad erreichbar sei. „Wer Bäder schließt, um Kosten zu senken, handelt fahrlässig und verantwortungslos.“

Bezeichnend in diesem Zusammenhang sind auch die Ergebnisse zur Frage „Wann haben Sie schwimmen gelernt?“ „In der Grundschule ist die Schwimmausbildung offenbar aus der Mode gekommen, und geht die Entwicklung so weiter, gibt es die dort bald gar nicht mehr“, sagt der DLRG-Vize. Bei den über 60-Jährigen waren es noch 56 Prozent, die in der Grundschulzeit das Schwimmen erlernten, 52 Prozent bei den 45- bis 59-Jährigen, schon nur noch 49 bei den 30- bis 44-Jährigen.

Nur 36 Prozent lernen Schwimmen in der Grundschule

Die Zahl der jetzt 14- bis 29-jährigen Befragten sei erschreckend. Nur noch 36 Prozent lernten das Schwimmen in der Grundschule. Mittlerweile haben rund 25 Prozent der Grundschulen keinen Zugang zu einem Bad. „Das ist so nicht hinnehmbar“, beklagt Haag die Situation.

Wenig überraschend ist deshalb auch das Ergebnis zu der Frage „Wo haben die Kinder schwimmen gelernt?“. Nur 27 Prozent der Eltern sagten „in der Schule“. Hier tut sich ein großes Problem auf, das auch mit dem Rückgang des Schulschwimmunterrichtes zusammenhängt.