Fies vergnüglich zeigt Moderator Rob Lowe in einem Einstünder bei Netflix, wie das Kino die Welt sieht: Achtung, „Angriff der Hollywood-Klischees!“.

Stuttgart - Ein bisschen Frust gehört zu jedem Alltag. Wenn aber der Ärger über Dinge, die nicht klappen, zum Sieden kommt, gibt es ein kleines Notventil. Man fegt einfach mit einer jähzornigen Bewegung alles vom Schreibtisch, was sich dort angesammelt hat: Notizbücher und Kugelschreiber, Brille und Kaffeetasse, Laptop und Monitor. Jedenfalls machen das die Figuren in Hollywood-Filmen so.

 

Wenn man in der einstündigen Kinolehrstunde „Angriff der Hollywood-Klischees!“ bei Netflix dicht hintereinander gezeigt bekommt, wie reflexhaft diverse frustrierte Helden ihre Tische abräumen – wutsch, batsch, fazäng! –. dann wundert man sich, dass man sich das nicht längst schon selbst angewöhnt hat.

Der Unterschied zwischen Männern und Frauen

Aber vielleicht ist ja gar nicht alles, was hier mit satirischer Boshaftigkeit und inniger Liebe zur Unterhaltungsmaschine Hollywood ins Fadenkreuz genommen wird, spurlos an uns vorbeigegangen. Die vom Schauspieler Rob Lowe moderierte – und produzierte – Klischeekunde arbeitet sich nämlich nicht einfach an oft bespotteten Doofheiten ab: dass Filmfiguren etwa immer genau da vor der Türe einen Parkplatz finden, wo sie hin müssen. „Angriff der Hollywood-Klischees!“ knöpft sich Standardbausteine des Kinos vor, die unser Weltbild beeinflussen könnten. Siehe oben: rabiate Unbeherrschtheit wird als Gütesiegel echter Empfindungen verkauft.

Noch so ein schönes Element romantischer Komödien: Männer, die um eine Frau werben, lassen sich von Zurückweisungen nicht kirre machen. Sie bleiben dran und überschreiten Grenzen. Im Kino sorgt das für Heiterkeit und Sympathie. Im echten Leben dagegen, da sind sich die Filmschaffenden und Kritiker, die hier amüsiert Clips kommentieren, alle einig, hätten wir schlimme Fälle von Stalking vor uns. Was diese Satire übrigens auch schön aufspießt: Hollywood macht einen großen Unterschied zwischen hartnäckigen Männern und hartnäckigen Frauen. Erstere sind am Ende unwiderstehliche Herzensbrecher. Letztere entpuppen sich als bedrohliche Psychopathinnen, siehe „Fatal Attraction“.

Parodie eines Hochnäsigen

Rob Lowe, Jahrgang 1964, hat seine Karriere schon als Teenie beim Fernsehen begonnen. In Joel Schumacher’s 80er-Jahre-Klassiker St. Elmo’s Fire“ hat er dann neben der jungen Andie MacDowell gespielt, die nun auch ein paar Bemerkungen zu Klischees beisteuert, derzeit ist er durch die Serie „9-1-1: Lone Star“ wieder gut im Geschäft. In „Angriff der Hollywood-Klischees!“ präsentiert er sich in smarter Topform und zeigt, wie trockener Humor geht.

Kein Augenzwinkern, kein Stimmeheben kündigen das Umkippen der Sachaussagen in die satirische Zuspitzung an, die Ohrfeigen kommen ansatzlos. „Hallo“, begrüßt er uns, und bringt sofort in der Parodie eines routiniert herzlichen Moderatoren-Willkommens eine Star-Hochnäsigkeit unter: „Anders als Sie bin ich Rob Lowe.“ Und dann stellt er klar: „Ich liebe Filme. Tatsächlich würde ich jetzt lieber einen Film anschauen als das hier zu machen.“ Da sind dann gerade einmal 30 Sekunden der Doku vorbei. Wenn man eine gewisse Art Humor und eine belastbare Liebe zu Hollywood-Filmen sein eigen nennt, weiß man schon, dass man jetzt 58 Minuten lang bestens unterhalten sein wird.

Angriff der Hollywood-Klischees! Abrufbar beim Streamingdienst Netflix.