Seit 1975 spielt Ron Wood die zweite Gitarre bei den Rolling Stones und bleib stets im Schatten von Mick Jagger und Keith Richards. Ein Dokumentarfilm ergründet nun im Kino, wer Ron Wood eigentlich ist.

Stuttgart - An Ron Wood (73) scheiden sich die Geister. Manche halten ihn für einen genialen Rock’n’Roll-Gitarristen, andere fragen sich auch 45 Jahre später noch, was genau er eigentlich bei den Rolling Stones beiträgt als zweiter Gitarrist neben Keith Richards. Wood sticht nicht heraus wie seine Vorgänger Brian Jones (1962–1968), der auch Orgel, Mellotron und Sitar spielte, oder Mick (1969–1973) Taylor, der als klassischer Blues-Leadgitarrist erstmals richtige Soli einbrachte, sondern schmiegt sich an Richards’ Spiel an, als wären sie ein Reißverschluss, dessen beide Seiten geschmeidig ineinandergreifen – an guten Tagen.

 

Dass Wood nicht so stark wahrgenommen wird liegt auch daran, dass die Stones ihre stärksten Songs und Alben vor 1973 ohne seine Mitwirkung veröffentlichten. Der britische Filmregisseur Mike Figgis („Internal Affairs“, 1990, „Leaving Las Vegas“, 1995) holt den Musiker nun ins Rampenlicht in dem bemerkenswerten Dokumentarfilm „Ronnie Wood – Somebody up there likes me“ („Jemand da oben mag mich“). Figgis kommt ihm sehr nahe und gibt Einblicke ins Bandgefüge, tut dies aber mit großem Respekt – die Stones haben dem Regisseur Zutritt gewährt, und er erweist sich ihres Vertrauens würdig.

Die Stones kommen zu Wort

Ron Wood präsentiert sich als fröhlicher, zugewandter Gesprächspartner, der gerne Bilder malt, wenn er gerade nicht musiziert. Er plaudert locker über mehr als ein halbes Jahrhundert Rock’n’Roll-Geschichte, das in seinem Gesicht und auf seiner Stimme Spuren hinterlassen hat. Er erzählt, wie er in der Jeff Beck Group Bass spielte, wie er nach dem Ausstieg von Steve Marriott bei den Small Faces mit dem Sänger Rod Stewart in die Band einstieg, die dann nur noch Faces hieß.

Je näher Woods Wechsel zu den Rolling Stones kommt, die er lange vorher kannte, desto mehr Gesprächspartner kommen ins Bild, Keith Richards, Mick Jagger, Charlie Watts und Rod Stewart. „Ich saß dabei, als Mick Taylor zu Mick Jagger sagte, er würde die Band verlassen“, erinnert sich Wood. „Jagger sagte: Was machen wir jetzt? Willst Du einsteigen? Und ich habe gesagt: Ich dachte, ihr würdet nie fragen.“

Hart im Nehmen

Es folgt eine rasante, auf vielen Ebenen interessante Montage, zu der Wood leidenschaftlich Lap-Steel-Gitarre spielt. Keith Richards: „Es ist eine Band mit zwei Gitarren und es ist sehr wichtig, wer die andere Gitarre spielt.“ Jagger: „Er hat sich sehr schnell eingepasst.“ Richards: „Als wäre es Vorhersehung gewesen.“ Jagger: „Ronnie hat Spaß in die Band gebracht – es war eine ganz andere Stimmung.“ Live-Bilder belegen das und zeigen exemplarisch, wie die beiden Gitarristen ihr Spiel scheinbar völlig spontan und intuitiv miteinander verweben.

Dann kommt die Schattenseite: Wood war jahrzehntelang auf Drogen aller Art, er rauchte, trank, nahm Pillen und drohte die Kontrolle zu verlieren. Jagger: „Er wollte nüchtern werden, aber es ist sehr schwer zu schaffen.“ Richards: „Er ist hart im nehmen, ein bisschen wie ich, großartiges Immunsystem und hohe Schmerztoleranz.“

Schließlich singt Wood, der entzogen und mit seiner Frau Sally (41) zwei kleine Kinder hat, zur Akustikgitarre: „You can’t have it your way all the time“ („Man kann nicht immer seinen Willen haben.“)

Wer sich für die Rolling Stones und überhaupt für die Gründergeneration der britischen Rockszene interessiert, sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen.

Ab 6, im Delphi