Seit achtzig Jahren ist der Disneyheld Donald Duck damit beschäftigt, gute Vorsätze zu vergessen. Ob das sein Geheimnis fürs Jungbleiben ist?

Stuttgart - Was soll er auf diese Frage nur antworten? „Onkel Donald, was machst Du da?“, möchten die drei Neffen Tick, Trick und Track von der bekanntesten Ente der Welt wissen. Und Donald bekommt in dem mit einem Oscar gekürten Kurzfilm „Donald’s Crime“ von 1945 Schweißausbrüche. Denn er plündert gerade das Sparschwein der Kinder, um seine Freundin Daisy ausführen zu können.

 

Ja, Donald, der am Montag seinen achtzigsten Geburtstag feiern kann, ist alles andere als ein makelloses Vorbild. Er ist jähzornig, eitel, nachtragend, neidisch, hämisch und faul – um nur ein paar jener sehr menschlichen Züge zu nennen, die er innerhalb kurzer Zeit nach seinem Debüt in „The wise little Hen“ von 1934 offenbaren durfte. In „Donald’s Crime“ wölben sich sogar mal, während er mit dem unerwartet stabilen Sparschwein kämpft, seine Augenbrauen verräterisch zu wahren Teufeshörnern empor.

Skrupel beim Sparschweinplündern

Aber Donald birgt eben zu jeder seiner Eigenschaften auch das Gegenteil in sich. Schon beim Sparschweinplündern fallen ihn Skrupel an, aber als er dann nach einem tollen Tanzabend mit Daisy nach Hause watschelt, zerfleischen ihn Reue und Selbstanklage. Von allen Figuren Entenhausens, in den Filmen wie in den Comics, ist Donald die komplexeste, unausgewogenste, menschlichste. Deshalb nennen sich ja auch in Deutschland jene Leser, die halb ironisch, halb ernst und ganz vernarrt die von Künstlern wie Carl Barks und Don Rosa verfeinerte Disney-Welt erforschen, Donaldisten und nicht Mickylogen.

Das Stadtleben, der Takt der Industrieproduktion, die Informationsflut und die Vermassung erhöhen unser dauerhaftes Stresslevel, warnen die Sozialwissenschaften. Freunden von Donald ist das nichts Neues. Seit langem schon lassen sich an dem Erpel im Matrosenanzug die Zumutungen der Moderne beobachten. Er ist ganz klar ein Außenseiter, weile es ihm an Geld fehlt, auch wenn er die kleinbürgerliche Fassade wahren will. Im Lauf der Jahrzehnte hat er fast jeden erdenklichen Beruf ausgeübt, Hagelflieger, Elefantenwäscher, Schatzsucher, aber die ständige auf Improvisation beruhende Weiterqualifikation führt doch nur immer wieder zurück in die Arbeitslosigkeit.

Seine Filmkarriere darf man nicht unterschätzen

Obendrein ist Donald seit 1937 nebenbei auch noch Alleinerziehender seiner drei Neffen, die im Original Huey, Dewey und Louie heißen. Ursprünglich sollten sie nur kurz zu Besuch kommen, sind dann aber geblieben und diese fürsorgerechtlich wohl eher ungeklärten Verhältnisse passen bestens zu dem Durcheinander aus Bluff, Schlamassel, Übereifer und Gutherzigkeit, das Donalds Leben ausmacht.

Auch wenn Donald in Deutschland mittlerweile vor allem als Comicfigur bekannt ist, seine Filmkarriere darf man nicht unterschätzen. Auf 178 Leinwandauftritte hat er es gebracht, wobei er vor der Kamera meist ein wenig aggressiver und fieser als in den Comicheften auftrat. Aber böse sein konnte man ihm nie: mit seinen unelegant breiten Füßen, seinem dicken Hintern, seinem vorlauten Schnabel und seinem widersprüchlichen Charakter, seiner Tendenz, gute Vorsätze durch Unbeherrschtheit zunichte zu machen, hat er mehr mit uns gemein als die Helden in Hollywoods Realfilmen. Mögen wir auch mal so fit die Achtzig erleben!