Und es geht doch: Beim zweiten TV-Duell der Präsidentschaftskandidaten Trump und Biden erleben die Amerikaner endlich eine echte Debatte. Für die mit neuen Hilfsmitteln ausgestattete Moderatorin gibt es Lob von allen Seiten.

New York - Unterstützt von einer Stummschaltungsfunktion hat Fernsehmoderatorin Kristen Welker den USA eine dringend benötigte Kandidaten-Debatte beschert. Anders als Fox-Kollege Chris Wallace beim ersten Aufeinandertreffen der Bewerber um die US-Präsidentschaft Ende September gab die NBC-Korrespondentin für die Berichterstattung aus dem Weißen Haus bei dem TV-Duell am Donnerstag die Zügel nicht aus der Hand.

 

Dafür gab es sogar ein Kompliment vom republikanischen Kandidaten und Amtsinhaber Trump: „Bisher respektiere ich sehr, wie Sie das hier handhaben, muss ich sagen“. Überhaupt präsentierte sich Trump, nach dessen Tiraden und Zwischenrufen bei der ersten TV-Debatte neue Regeln zur Disziplinierung eingeführt wurden, geradezu geläutert.

Und so zeigte sich auch Wallace begeistert, der beim ersten Duell mit den sich gegenseitig mit Beleidigungen überziehenden Kandidaten sichtlich Mühe gehabt hatte. „Ich bin neidisch“, bekannte er. „Ich hätte es geliebt, diese Debatte zu moderieren und einen echten Meinungsaustausch statt Hunderter Unterbrechungen zu bekommen.“

Moderatorin führte souverän durch die Debatte

Kurz vor dem TV-Duell hatte die zuständige Kommission bekanntgegeben, dass das Mikrofon eines Kandidaten jeweils ausgeschaltet werde, während der andere spreche. So sollte sichergestellt werden, dass sich ein Kandidat zwei Minuten lang zu einem Thema äußern kann - und dabei auch von den Zuschauern verstanden wird. Es schien zu wirken: Trump und Biden versuchten am Donnerstag gar nicht erst, einander niederzuschreien.

Als es dann in den Diskussionsteil ging, gelang es Welker, Ausgewogenheit herzustellen. Sie gab beiden Kandidaten genug Freiraum, um Positionen deutlich zu machen - und schritt ein, wenn die Diskussion abzudriften drohte: „Zehn Sekunden noch, Herr Präsident, dann muss ich zu einer anderen Frage gehen.“

Auch sonst hatte Welker ihre Hausaufgaben gemacht. Wie er Kinder wieder mit ihren Familien vereinen wolle, die an der Grenze zu Mexiko getrennt wurden, fragte sie den Chef der Regierung, die zum Verbleib Hunderter Eltern keine Angaben machen kann. Und sie hakte zwei Mal nach, als Trump eine klare Antwort schuldig blieb.

Als der 45. Präsident der USA auf die Frage nach dem Grund für das Scheitern eines Hilfspakets für unter den Folgen der Corona-Pandemie leidende Familien erklärte, Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi habe dieses nicht bewilligen wollen, sagte sie: „Aber sie sind der Präsident.“

Erste schwarze Moderatorin einer Kandidaten-Debatte seit 1992

Herausforderer Biden wiederum musste erklären, wie er den Amerikanern die Angst vor seinen Plänen für das Gesundheitssystem nehmen wolle und wie er Umweltschutz betreiben werde, ohne der Wirtschaft zu schaden. Auch die umstrittenen Berichte über Bidens Sohn Hunter, wonach dieser das politische Gewicht seines Vaters für eigene Vorteile nutze, sprach sie an. Mit vergleichbarer Schärfe musste Trump zu Berichten über ein Bankkonto in China Stellung nehmen: „Wie können Wähler sicher sein, dass sie keine Interessenskonflikte haben?“

Die 44-jährige Harvard-Absolventin und erste schwarze Moderatorin einer Kandidaten-Debatte ums Präsidentenamt seit 1992 sprach ein weiteres bestimmendes Thema an: Wie die Kandidaten Minderheiten ansprechen wollten, die sich fürchteten, dass ihre Kinder wegen ihrer Hautfarbe ins Fadenkreuz der Strafverfolgung geraten könnten.

Zwar kritisierten einige Konservative später die Themenwahl, die den Demokraten Biden begünstigt habe: das Coronavirus, Rassismus und den Klimawandel. Ansonsten gab es aber quer durch das politische Spektrum Lob - sicher nicht alltäglich im politisch polarisierten Wahlkampf.