Ein Tanz von US-Präsident Trump zum Song „YMCA“ wird zum Hit. Der 74-Jährige krönt damit jetzt seine Wahlkampf-Kundgebungen – und lockt Nachahmer an. Doch was für die einen Spaß oder Satire ist, ist für andere blanker Hohn.

Tucson - Er richtet sein Sakko, schaut ins Publikum, dann legt er los. Im Endspurt des Wahlkampfs beendet US-Präsident Donald Trump seine Kundgebungen mittlerweile mit einem Tanz zum legendären Song „YMCA“ der Band Village People. Dabei geht der Mann, dem das eigene Aussehen bekanntermaßen sehr wichtig ist, in die Vollen.

 

Trump beginnt mit den Armen und schwenkt wie ein Fitnesstrainer seine geballten Fäuste vor und zurück - manchmal trifft er den Takt. Er klatscht und winkt, dann nickt er mit den Kopf zur Musik und bewegt seine Knie. An manchen Abenden beschränkt Trump sich aufs Zeigen und Klatschen. An anderen schlingert und ruckelt er zum Jubel des Publikums. Hinter der Bühne schließen sich oft Mitarbeiter und Wahlkampfhelfer an und tanzen die traditionellere Variante zu der 70-Jahre-Hymne, indem sie mit dem Körper die Buchstaben Y-M-C-A nachbilden.

Trumps Tanz wird zum Internet-Hit

Trumps Tanz ist zu einem seltenen Element der Leichtigkeit geworden in einem ansonsten miserablen Wahlkampfjahr, der geprägt war von der Corona-Pandemie, einer wirtschaftlichen Rezession und rassistischer Gewalt. Und während der Präsident von der Popkultur bisher weitgehend gemieden wurde, haben seine Tanzeinlagen nun eine virale TikTok-Video-Challenge ausgelöst (auch wenn Trump gedroht hat, die Seite in den USA zu verbieten).

Auch eine Parodie in der Late-Night-Show von Moderator Stephen Colbert ging daraus hervor. Wer tanzen wolle, aber die Schritte nicht beherrsche, solle sich das Lehrvideo „Dancing with The Don“ bestellen und von Präsident Trump die „heißesten Moves“ beibringen lassen, heißt es in einem satirischen Werbespot.

Tochter Ivanka: „Ich liebe es“

Auch Mitarbeiter und Angehörige von Trump bemühen sich, den Trump-Dance zu verkulten. „Ich liebe es“, schrieb seine Tochter Ivanka zu ihrem Retweet eines Videos, in der eine junge Frau die Bewegungen des Präsidenten imitiert. Als ein Reporter ein Video twitterte, auf dem Trumps Wahlkampfhelfer tanzen – aber nicht Ivanka Trumps Ehemann und ranghoher Präsidentenberater Jared Kushner – schrieb sie zurück: „Spielverderber!“

Trump kann positive Schlagzeilen gut gebrauchen: Knapp zwei Wochen vor der Wahl am 3. November liegt er in den meisten landesweiten Umfragen und vielen wichtigen US-Staaten hinten. Nach seiner Corona-Infektion, wegen der er drei Tage im Krankenhaus behandelt wurde, bemüht er sich Stärke zu demonstrieren.

Bei anderen lösen die präsidialen Tanzeinlagen Unmut aus. Zu ihnen gehört der CNN-Journalist Don Lemon, der Trump dafür kritisierte, während einer Pandemie zu tanzen, die so vielen Menschen das Leben kostet. „Das kann nicht zurückgenommen werden, egal wie oft er zu Kundgebungen und Tänzen zu den Village People geht“, sagte Lemon. „Er hat Spaß und tanzt auf den Gräbern von 215 000 Amerikanern.“

„YMCA“ gilt als Schwulenhymne

Das als Schwulenhymne geltende „YMCA“ ist relativ neu auf der Playlist für Trumps Wahlkampfveranstaltungen. Der Song wurde in diesem Jahr eingewechselt, nachdem die Rolling Stones im Juni mit einer Klage gedroht hatten, falls Trump weiterhin ihren Hit „You Can’t Always Get What You Want“ als Schlussstück bei seinen Kundgebungen verwende.

Trumps eklektischer Wahlkampf-Soundtrack – ein wichtiger Teil der Veranstaltungen – hat bereits zahlreiche Androhungen rechtlicher Schritte ausgelöst. In den frühen Tagen bestand die Liste zu weiten Teilen aus Musik von den Rolling Stones und Aerosmith, bis auch jene Rockband mit einer Klage drohte. Auch Trump-Favoriten waren vertreten, darunter Adele (bis die britische Sängerin protestierte) und der verstorbene Tenor Luciano Pavarotti mit der Arie „Nessun Dorma“ (bis dessen Witwe sich das verbat).

Im Jahr 2016 waren die Backstreet Boys und ’N Sync feste Bestandteile, genauso wie Balladen aus Broadway-Musicals wie „Das Phantom der Oper“, „Cats“ und „Les Misérables“. „Macho Man“ von den Village People ist ebenfalls relativ neu auf der Liste. Die Band zeigte sich im Februar einverstanden mit der Nutzung ihrer Songs und erklärte, diese sei völlig legal. Allerdings unterstütze die Band Trumps Verwendung nicht, „da wir unsere Musik lieber aus der Politik heraushalten“.Wer die Idee hatte, die Kundgebungen jetzt mit „YMCA“ zu beschließen, wollte Trumps Team nicht sagen. Berater Jason Miller bot aber an, einer AP-Reporterin das Geheimnis zu verraten – Bedingung sei allerdings, dass sie vorher ein Video einreiche, auf dem sie „YMCA“ singe. Reporterin Jill Colvin lehnte ab.