„I don’t know Beau. I know Hunter.“ Als Joe Biden in der TV-Debatte auf seinen verstorbenen Sohn Beau zu sprechen kommt, findet Donald Trump kein Wort des Beileids für seinen Herausforderer. Für viele Beobachter war es der Tiefpunkt des Abends.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Washington - „I don’t know Beau. I know Hunter.“ Für viele hat US-Präsident Donald Trump mit diesem Satz am Dienstagabend einen Tiefpunkt gesetzt – und das will angesichts der chaotischen Debatte zwischen dem Präsidenten und seinem Herausforderer Joe Biden etwas heißen.

 

Für Biden ist seine Familiengeschichte ein sensibles Thema. Der frühere Vizepräsident verlor nicht nur seine erste Frau und seine kleine Tochter 1972 bei einem Autounfall, 2015 starb auch sein ältester Sohn Beau. Der Attorney General des Staates Delaware erlag einer besonders aggressiven Art von Hirntumor. Beau hatte 2008 im Irakkrieg gekämpft. Seither fühlen sich die Bidens Soldatenfamilien im Land besonders verbunden.

Der Kommentar aus unserem Plus-Angebot: Diese Debatte war eine Farce

In der TV-Debatte griff Biden Trump dann auch für dessen abschätzige Bemerkungen über Soldaten an: Trump soll 2018 laut einem Bericht der Zeitschrift „The Atlantic“ vor dem geplanten Besuch eines Soldatenfriedhofs in Frankreich gefallene US-Soldaten als „Verlierer“ bezeichnet haben.

Biden begann so: „Ich spreche über meinen Sohn. Die Art und Weise, wie Sie über Soldaten sprechen, dass Sie sie Verlierer nennen – mein Sohn war ein Jahr lang im Irak, er wurde ausgezeichnet. Er war kein Verlierer, er war ein Patriot.“ Mitten im Satz wurde Biden dann von Trump unterbrochen. „Ach wirklich? Sprechen Sie von Hunter?“ Biden – sichtlich wütend: „Ich spreche über meinen Sohn Beau Biden!“ Trump: „Ich kenne Beau nicht. Ich kenne Hunter. Hunter flog aus der Armee – unehrenhaft entlassen. Er hatte keinen Job, bis Sie Vizepräsident wurden.“ Biden schüttelte den Kopf und sagte: „Nichts davon ist wahr.“ Hunter, erklärte Trump weiter, habe ein Vermögen in der Ukraine, Moskau und China gemacht.

Lesen Sie auch: Wer ist die Familie Biden?

Trump spielte damit auf Hunters umstrittenen Posten im Verwaltungsrat des ukrainischen Gaskonzerns Burisma an. Man erinnere sich: US-Präsident Donald Trump fror 2019 Militärhilfen ein, um den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dazu zu bringen, die Geschäfte von Hunter zu untersuchen. Was folgte, ist hinlänglich bekannt: Trump musste sich einem Impeachment-Verfahren stellen, einer Amtsenthebung entging er, weil sich seine Partei im Senat vor ihn stellte. Die ganze Sache ließ aber auch Joe Biden nicht glücklich aussehen – und gibt den Republikanern jetzt Futter für ihren Wahlkampf.

Hunter Biden hatte auch privat mit Problemen zu kämpfen. Im vergangenen Jahr gab Hunter zu, dass er lange Drogenprobleme hatte und mehrmals in Entzugskliniken eincheckte. Biden ging auf Trumps Attacken hin am Dienstagabend in die Offensive: „Mein Sohn hatte ein Drogenproblem. Er hat daran gearbeitet, er hat es überwunden. Und ich bin stolz auf ihn.“

Lesen Sie hier: Twitterreaktionen auf die TV-Debatte zwischen Trump und Biden

Dass Trump nicht ein Wort der Anteilnahme für die Familie Biden fand, dürfte viele Zuschauer schockiert haben – sogar unter Republikanern.

Auch bei Wählerinnen in den Vororten, auf deren Stimmen Trump am 3. November angewiesen ist, dürfte Trumps Attacke eher abschreckend gewirkt haben, wie diese politische Aktivistin bemerkte:

„Donald Trumps Attacke gegen Beau Biden ist absolut erbärmlich. Er [Beau] ist ein amerikanischer Held“, twitterte Zac Petnakas, ein früherer Berater von Hillary Clinton.

Für Donald Trump könnte sich die Attacke gegen Bidens Söhne als Schuss ins Knie erweisen. Der Amtsinhaber gilt ohnehin schon als nicht sonderlich empathisch. Seit Beginn seiner Kampagne versuchen die Demokraten, Joe Biden als Gegenentwurf zum egozentrischen Präsidenten zu verkaufen: Einfühlsam, jemand, den das Leben gebeutelt hat und der doch immer wieder aufgestanden ist. Trumps Angriff dürfte Bidens Image daher sogar geholfen haben.