Dass beide Kandidaten unterschiedlich sind, ist keine Überraschung. Nach einer chaotischen ersten TV-Debatte hatten nun aber beide die Möglichkeit, sich ohne Unterbrechungen den Fragen von Zuschauern zu stellen. Einer der Kandidaten kam dabei etwas ins Schwitzen.

Washington - US-Präsident Donald Trump und der demokratische US-Präsidentschaftsbewerber Joe Biden haben bei ihren jeweiligen TV-Fragestunden am Donnerstagabend auch auf Entfernung miteinander abgerechnet. Die beiden zeitgleich übertragenen Veranstaltungen machten die deutlichen Unterschiede im Temperament, in ihren Ansichten zu ethnischer Ungerechtigkeit und ihrer Herangehensweisen während der Coronavirus-Pandemie deutlich.

 

Wütend und kampflustig weigerte Trump sich, die Verschwörungsgruppe QAnon anzuprangern. Er schien auch zuzugeben, Schulden zu haben und ließ die Möglichkeit offen, dass ein Teil dessen bei einer ausländischen Bank war. Er schulde Russland oder „bösen Menschen“ kein Geld, sagte er, und legte nahe, dass 400 Millionen Dollar Schulden im Vergleich zu seinem Vermögen ein „sehr, sehr kleiner Anteil“ sei. Teilweise kam Trump ins Schwitzen.

Trump verteidigt Corona-Politik

Biden kritisierte zu Beginn erneut Trumps Umgang mit der Coronavirus-Pandemie. Es sei „die Verantwortung eines Präsidenten, zu führen“, sagte Biden, Trump „hat das nicht getan“. Er habe sich zu sehr auf den Aktienmarkt fokussiert, während er die Ausbreitung des Coronavirus heruntergespielt habe, was sowohl die Gesundheit der US-Bürger als auch die Wirtschaft bedroht habe. Er selbst würde auf die Wissenschaft hören, sagte Biden. Er warf Trump außerdem vor, sich nicht aktiver um ein weiteres Konjunkturpaket bemüht zu haben.

Biden blieb zwar teilweise vage, gab aber zu dass die Zustimmung zu einem Kriminalgesetz 1994 ein Fehler gewesen war. Infolge des Gesetzes wurden mehr Schwarze ins Gefängnis gebracht. Außerdem legte Biden nahe, er wolle bald seine Position zu einer möglichen Erweiterung des Obersten Gerichtshofs deutlich machen.

Trump verteidigte das Vorgehen seiner Regierung in der Pandemie, die mehr als 215 000 US-Bürger das Leben gekostet hat. Zwei Wochen nach seiner Coronavirus-Diagnose wich Trump der Frage aus, ob er am Tag seiner ersten Debatte mit Herausforderer Biden den geforderten Coronavirus-Test gemacht habe. „Möglicherweise habe ich, möglicherweise habe ich nicht“, sagte Trump auf die Frage, ob er sich am 29. September habe testen lassen, bevor er mit Biden in Cleveland zusammentraf. Trump wurde zwei Tage später positiv auf das Virus getestet.

Zweite Debatte gestrichen

Aus diesem Grund wurde die zweite Debatte, die eigentlich für Donnerstagabend geplant war, gestrichen. Stattdessen beantworteten beide Kandidaten bei jeweils eigenen Auftritten die Fragen von Wählern. Biden trat bei ABC News in Philadelphia auf, Trump beantwortete im Sender NBC News in Miami Fragen von Wählern. Die Fragestunden boten Zuschauern ein anderes Format, als die erste, von Chaos geprägte TV-Debatte, bei der sich Trump und Biden gegenseitig unterbrachen und auch beschimpften. Der Unterschied im Ton war deutlich.

Trump war Trump, laut und argumentativ, er rang mit der Moderatorin Savannah Guthrie und beschwerte sich über Fragen. Zum ersten Mal sagte er schließlich, er werde das Ergebnis einer fairen Wahl akzeptieren - jedoch erst, nachdem er die Wahrscheinlichkeit dessen infrage gestellt hatte.

„Und dann reden sie: „Werden Sie einen friedlichen Transfer akzeptieren““, sagte Trump. „Und die Antwort ist: Ja, werde ich. Aber ich will, dass es eine ehrliche Wahl wird, und alle anderen wollen das auch.“ Er säte erneut Zweifel an einem Bericht der „New York Times“, wonach er mehr als 400 Millionen Dollar Schulden hat. „Es ist ein kleiner Anteil meines Nettovermögens.“ Außerdem legte er nahe, dass der Bericht, er habe wenig bis keine Bundeseinkommensteuern bezahlt, falsch seien.

Biden gibt sich deutlich weicher

Biden dagegen gab sich deutlich weicher. Der frühere Vizepräsident, der als Kind stotterte, hatte auch zu Beginn etwas zu kämpfen, und verlangsamte sein Sprechtempo deshalb. Teilweise kam er etwas ins Leiern. Er trug einen blauen Anzug und hatte eine weiße Gesichtsmaske in der Hand. Er brachte kleine Karten mit Notizen mit, die er zwischendurch für genaue Zahlen konsultierte, beispielsweise, als er über die Rücknahme von Steuererleichterungen für die reichsten US-Bürger sprach.

Biden versprach noch vor der Wahl bekannt zu geben, ob er eine Ausweitung des Supreme Court unterstützen wolle, sollten die Demokraten nach dem 3. November die Präsidentschaft und die Mehrheit im Senat und Abgeordnetenhaus haben. Er sei „noch immer kein Fan“ der Ausweitung, doch hänge es davon ab, wie die Republikaner mit der Besetzung des freien Postens durch Trumps Nominierte Amy Coney Barrett umgingen und „wie sehr sie sich damit beeilen“.

Die Fragestunden der beiden Kandidaten fanden zeitgleich statt. Kommende Woche sollen Biden und Trump zur letzten Debatte vor der Wahl am 3. November aufeinandertreffen.