Im Streit um seine Mauer an der Grenze zu Mexiko scheint Donald Trump bereit, auch mit juristisch umstrittenen Mitteln sein Wahlversprechen durchzuboxen. Doch selbst in der eigenen Partei gibt es warnende Stimmen: Eine Notstandserklärung sei nicht nur rechtlich riskant.

Washington - US-Präsident Donald Trump will den Bau der von ihm geforderten Mauer an der Grenze zu Mexiko trotz Widerstands in den Reihen seiner Republikaner per Notstandserklärung durchsetzen. Die Demokraten lehnen sein Prestigeprojekt strikt ab: Sie drohten am Donnerstagabend (Ortszeit) mit einer Klage gegen eine Notstandserklärung des Präsidenten, dem sie „schwerwiegenden Machtmissbrauch“ vorwerfen. Doch auch seine eigene Partei stellt der Republikaner mit dem Vorhaben vor eine schwere Belastungsprobe - mit ungewissem Ausgang.

 

„Der Präsident hält sein Versprechen, die Mauer zu bauen, die Grenze zu schützen und unser großartiges Land abzusichern“, sagte seine Sprecherin Sarah Sanders in Washington. Trump werde zugleich das von Republikanern und Demokraten mit großer Mehrheit in beiden Kongresskammern beschlossene Haushaltsgesetz unterzeichnen und so einen neuen Stillstand der Regierung („Shutdown“) verhindern. Medienberichten zufolge soll das noch am Freitag geschehen. Für 10.00 Uhr Ortszeit (16.00 Uhr MEZ) wurde eine Stellungnahme Trumps angekündigt.

Weitreichende Befungnisse für Trump?

Das Gesetz sieht aber deutlich weniger Geld für den Bau eines Grenzwalls vor, als vom Präsidenten verlangt - nämlich 1,375 Milliarden Dollar (rund 1,22 Mrd. Euro). Trump hatte zuletzt 5,7 Milliarden Dollar für den Mauerbau gefordert, also mehr als das Vierfache. Deshalb will er sich nun eines höchst umstrittenen Mittels bedienen und Geld aus anderen Töpfen umwidmen.

US-Medien zufolge rechnet Trump damit, mithilfe der Notstandserklärung rund acht Milliarden Dollar zusammenzubekommen. Allein sechs Milliarden Dollar stammen demnach aus dem Etat des Verteidigungsministeriums: Das Geld ist eigentlich zur Bekämpfung des Drogenproblems und für Bauprojekte des Militärs vorgesehen. Im Wahlkampf hatte Trump noch behauptet, dass Mexiko für den von ihm versprochenen Bau der Mauer zahlen werde.

Einen landesweiten Ausnahmezustand, bei dem Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, bedeutet ein Nationaler Notstand in den USA zwar nicht. Der Schritt würde Trump aber weitreichende Befugnisse geben. Er könnte auf diese Weise versuchen, die Mauer ohne Zustimmung des Senats und Abgeordnetenhauses errichten zu lassen. Der Kongress hätte theoretisch die Möglichkeit, eine Notstandserklärung mit einer Resolution (Joint Resolution) anzufechten. Eine solche Abstimmung könne Trumps Republikaner spalten, schrieb das „Wall Street Journal“.

„Es ist kein Notstand, was an der Grenze passiert“

Die Resolution müsste von beiden Kammern verabschiedet werden. Legt Trump sein Veto dagegen ein, könnte der Kongress dieses noch überstimmen. Dazu bräuchte es aber sowohl im Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, als auch im republikanisch dominierten Senat eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Die Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, die Demokratin Nancy Pelosi, und der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, nannten eine Notstandserklärung gesetzeswidrig. Pelosi sagte: „Es ist kein Notstand, was an der Grenze passiert.“

Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte dagegen, er unterstütze die Notstandserklärung. Allerdings sprachen sich auch mehrere republikanische Senatoren gegen die Maßnahme aus, da eine Notstandserklärung unter diesen Umständen einen gefährlichen Präzedenzfall darstelle und eine Reihe von Klagen absehbar sei. Laut „Washington Post“ hatte das Justizministerium das Weiße Haus gewarnt, Trumps Vorhaben könne von den Gerichten blockiert werden.

Der Präsident würde sich im Notstandsfall wohl auf eine Gesetzpassage berufen, die es dem Verteidigungsminister ermöglicht, „militärische Bauprojekte“ anzuweisen. Eine andere Passage könnte es ihm erlauben, zivile Projekte der Armee zu stoppen und stattdessen Soldaten an anderen Bauvorhaben zu beteiligen, „die essenziell sind für die nationale Verteidigung“. Umstritten ist, ob das auch rechtens wäre.

Trumps Sprecherin Sanders sagte, man sei auf einen Rechtsstreit vorbereitet, zu dem es aber gar nicht erst kommen solle. „Der Präsident macht seinen Job, der Kongress sollte seinen machen.“ Mit der Notstandserklärung wolle Trump das Ende der „nationalen Sicherheitskrise und humanitären Krise an der Grenze“ bewirken.

Rund 800 000 Regierungsangestellte ohne Gehalt

Trump will mit der Mauer Migranten auf dem Weg in die USA stoppen und beschwört seit Monaten ein Krisenszenario. Doch Experten stellen die Lage anders dar: Das Migration Policy Institute etwa weist darauf hin, dass die Zahl der Festnahmen an der Grenze tendenziell rückläufig ist. Die Statistik dient als Gradmesser für illegale Grenzübertritte. Deutlich gestiegen ist jedoch die Zahl derer, die an der Südwestgrenze um Asyl bitten, darunter viele Familien aus Mittelamerika.

Mit dem neuen Haushaltsgesetz ist die US-Regierung bis zum Ablauf des Haushaltsjahres Ende September vollständig finanziert. Erst vor drei Wochen war längste „Shutdown“ in der Geschichte der USA zu Ende gegangen: 35 Tage lang hatten infolge des Mauerstreits Teile der Regierung stillgestanden, rund 800 000 Regierungsangestellte erhielten kein Gehalt. Sie mussten im Zwangsurlaub ausharren oder unbezahlt arbeiten, viele gerieten dadurch in finanzielle Not.

Trump hatte sich vor dem „Shutdown“ damit gebrüstet, notfalls Teile der Regierung im Streit über die Mauer stillstehen zu lassen, um die Demokraten zum Einlenken zu zwingen. „Ich bin stolz darauf, die Regierung für Grenzsicherung zu schließen“, sagte er. In Umfragen machte ihn eine Mehrheit für den Regierungsstillstand verantwortlich. Nach Beginn des „Shutdowns“ sanken Trumps ohnehin schlechte Zustimmungswerte noch weiter. Inzwischen sind sie wieder angestiegen.