Es hätte eine triumphale Fahrt werden können, doch eine Kollision mit einem Fischerboot kurz vor dem Ziel hat Segler Boris Herrmann bei der Vendee Globe dramatisch um die Chance aufs Podium gebracht.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart/Les Sables d’Olonne - „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“, sangen einst Heinz Rühmann, Hans Brausewetter und Josef Sieber in der Komödie von 1939 „Paradies der Junggesellen“. Dieses populäre Lied dürfte Boris Herrmann kaum durch den Kopf geschossen sein, als er am späten Mittwochabend mit einen Fisch-Trawler kollidierte. Es gab keine Verletzten, keinen Schiffbruch – und doch hatte der 39-Jährige allen Grund, ziemlich erschüttert zu sein. Rund 90 Seemeilen (etwa 165 Kilometer) fehlten ihm bis ins Ziel in Les Sables d’Olonne an der französischen Atlantikküste, doch mit dem Zusammenstoß hat Boris Herrmann alle Chancen verspielt, die härteste Segelregatta Vendée Globe zu gewinnen oder zumindest aufs Podium zu kommen. „Er hat Schäden an seinem Steuerbord-Foil und weiteren Stellen übermittelt, ist aber wohlauf“, teilte sein Team Malizia mit. Er habe das Boot „gesichert und setzt das Rennen mit reduzierter Geschwindigkeit fort“. Der 39-Jährige lag bis zum Unfall auf Podiumskurs, hatte sogar Siegchancen und ist nun mit kaum acht Knoten unterwegs.

 

Boris Herrmann hätte Historischen gelingen können

Den Schreck über den Zusammenstoß mit dem Fischerboot hatte Boris Herrmann nach einigen Stunden überwunden. Doch er war zutiefst erschüttert. „Das war der schlimmste Alptraum“, erzählte der Hamburger über die Kollision. Er hätte bei seiner Vendée-Globe-Premiere gleich Historisches schaffen und bei der neunten Auflage des Rennens als erster in die Sieg-Phalanx der Franzosen einbrechen können, stattdessen segelte der Deutsche am Donnerstagmorgen mit seiner Yacht „Seaexplorer - Yacht Club de Monaco“ nur noch um Platz vier. „Ich habe in den Tagen zuvor wie ein Löwe gekämpft. Vielleicht komme ich nie wieder so dicht an einem Podiumsplatz heran?“, stöhnte er. Mit reduzierter Geschwindigkeit wegen der Schäden an seinem Boot kam Herrmann dem Ziel in Les Sables-d’Olonne näher. Als Ankunftszeit wurde der Vormittag errechnet. „Es ist ziemlich herzzerreißend, aber wir werden es schaffen“, sagte Herrmann. Als er noch auf dem Wasser war, wurde der Franzose Yannick Bestaven zum Sieger erklärt.

Die Alarmsysteme versagten

Herrmanns Begegnung mit dem Fischerboot geschah etwa 90 Seemeilen vor dem französischen Küstenort. „Ich habe an einer riesigen Wand hochgeschaut“, schilderte Herrmann die bangen Momente später. Unter anderen verfing sich ein Vorsegel in den Kränen des Trawlers, eines seiner Foils (Tragflügel) brach. Dazu hörte er seinen Ausleger mehrfach in die Bordwand des anderen Bootes hämmern. „Es waren echte Schockmomente“, erzählte er. Zu seinem Glück schob sich die Rennyacht am anderen Boot vorbei, der Mast blieb stehen. Herrmann und die Besatzung des Trawlers blieben bei dem Unfall unverletzt. Warum die bislang gut funktionierenden Alarmsysteme versagten und ihn nicht rechtzeitig aus dem Schlaf rissen, wusste er sich zunächst nicht zu erklären.