Der Ludwigsburger Innenstadtverein hat eine Umfrage zu den Auswirkungen der Coronakrise auf den Einzelhandel, Gastronomie- und Dienstleistungsbetriebe veröffentlicht – die Ergebnisse sind dramatisch. Das gilt auch für die Tourismusbranche.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Der Ludwigsburger Innenstadtverein Luis hat die dritte Corona-Umfrage unter seinen Mitgliedern veröffentlicht – und die Ergebnisse veranschaulichen, vor welch existenziellen Herausforderungen die Akteure in der Ludwigsburger City stehen. 30 Prozent der Luis-Mitglieder haben an der Studie teilgenommen, der Großteil aus dem Einzelhandel, gefolgt von Dienstleistung sowie Gastronomie und Hotellerie.

 

Deutlich wird, dass die Corona-Krise bereits nach kurzer Zeit zu einem erheblichen personellen Aderlass geführt hat. „Unter den Luis-Mitgliedern musste fast jeder fünfte Innenstadtakteur bereits Personal entlassen“, erklärt Luis. Im Schnitt seien mehr als drei Mitarbeiter pro Betrieb entlassen worden. Obwohl der Shutdown längst vorbei ist, haben noch immer 47 Prozent der Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Der größte Anteil entfällt auf die Gastronomie und Hotellerie, wo drei von vier Betrieben auf dieses Mittel zurückgreifen. Bei Dienstleistern sind es 46 Prozent, im Einzelhandel etwa 30 Prozent.

Viele Betriebe mussten bereits Mitarbeiter entlassen

Entsprechend skeptisch blicken die Befragten in die Zukunft. Die Luis-Mitglieder gehen davon aus, dass sie im Vergleich zum Vorjahr 38 Prozent weniger Jahresumsatz machen werden, Gastronomie und Hotellerie rechnen gar mit Einbußen von 60 Prozent. „Das Ergebnis ist wenig überraschend, mussten doch während des Shutdowns die meisten Innenstadtakteure schließen“, erklärt der Citymanager Markus Fischer. Diese Lücke sei nicht mehr aufzufüllen. Auch die Umsatzprognosen für das restliche Jahr sind negativ. Mehr als 50 Prozent der Befragten rechnen mit einem Umsatzrückgang für die verbleibenden Monate. Lediglich 13 Prozent hoffen auf Umsatzsteigerungen, ein Drittel geht von einem gleichbleibenden Umsatz aus.

Die Folgen sind drastisch: Auf die Frage, ob sie wegen der Corona-Pandemie ihre Existenz bedroht sehen, haben 36 Prozent der Teilnehmer mit Ja geantwortet. Im Bereich Handel und Dienstleistung waren es jeweils 31 Prozent, in der Gastronomie und Hotellerie bangt jeder Zweite um seine Zukunft. „Die Innenstädte sind nach wie vor schwer getroffen durch die Pandemie“, warnt Markus Fischer. Während der warmen Jahreszeit sei die Frequenz in der City gut gewesen, doch im Herbst und Winter könne sich das ändern, weshalb viele „großen Respekt vor der anstehenden kalten Jahreszeit“ hätten.

Hoffen auf das Weihnachtsgeschäft

Ein weiteres Problem, so Fischer, sei die sinkende Kaufkraft, weil in der gesamten Wirtschaft noch viel Kurzarbeit angemeldet ist. „Wir appellieren an alle, bei den Weihnachtseinkäufen an die Innenstädte zu denken“, sagt er. „Jeder Euro, der im lokalen Einzelhandel ankommt und nicht bei Online-Konzernen, hilft.“

Das Weihnachtsgeschäft ist traditionell enorm wichtig für Einzelhändler, aber auch für die Gastronomie und Hotellerie. Aber auch hier gilt: Es überwiegen Skepsis und Sorge. Die Einzelhändler erwarten im Weihnachtsgeschäft zwar etwas geringere, aber vergleichbare Umsätze wie im Vorjahr. Ganz anders in Gastronomie und Hotellerie, wo man von einem Rückgang von bis zu 50 Prozent ausgeht.

Der Pessimismus in der Branche ist gut begründet, denn die Coronakrise hat die Übernachtungszahlen einbrechen lassen. Im ersten Halbjahr haben rund 114 000 Gäste den Landkreis Ludwigsburg besucht, das sind 51 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Übernachtungen sank um 46 Prozent auf etwa 276 000. Das hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) jetzt mitgeteilt, die sich auf Zahlen des Statistischen Landesamtes beruft.

Die Übernachtungszahlen in den Hotels sind eingebrochen

„Die Pandemie hat zu einer beispiellosen Krise im heimischen Gastgewerbe geführt“, sagt Hartmut Zacher, der Geschäftsführer der NGG-Region Stuttgart. „Erst mussten Hotels, Pensionen, Kneipen und Restaurants über viele Wochen ganz schließen. Und nach dem Lockdown läuft der Betrieb unter Auflagen nur langsam wieder an.“ Die Folgen sind nicht nur für die Unternehmen, sondern vor allem auch für die Mitarbeiter dramatisch. In der Kurzarbeitsphase müssen Köche, Kellner und Hotelangestellte deutliche Lohneinbußen in Kauf nehmen – „in einer Branche, die ohnehin nur geringe Löhne zahlt“, so Zacher. Nach dieser Durststrecke blickten viele Beschäftigte nun mit Sorge auf die Herbst- und Wintersaison. Nach Angaben der Arbeitsagentur beschäftigt das Hotel- und Gaststättengewerbe im Landkreis Ludwigsburg rund 7000 Menschen.

Allerdings findet sich unter all den schlechten Zahlen und negativen Prognosen immerhin ein Aspekt, der Hoffnung macht. Die Kurzarbeit habe bislang einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert, sagt Zacher. Dank staatlicher Hilfen sei die befürchtete Pleitewelle im Gastgewerbe ausgeblieben. „Am Ende steht fest: Jeder Kurzarbeiter ist ein möglicher Arbeitsloser weniger.“

Die Gewerkschaft appelliert nun an die Unternehmen, die Kurzarbeit für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter zu nutzen. „Wer wegen Corona nicht arbeiten kann, sollte die Möglichkeit einer beruflichen Weiterbildung bekommen“, so Zacher. Das sei ein Beitrag gegen den Fachkräftemangel, der in Hotels und Restaurants eklatant sei. Die Beschäftigten können dabei einen Schritt auf der Karriereleiter machen – etwa von der Küchenhilfe zur Köchin, vom Restaurantfachmann zum Hotelfachmann. Zudem müssten Beschäftigte auch im Gastgewerbe für die Digitalisierung fit gemacht werden. Hier berge die Krise eine große Chance.